Wednesday, March 31, 2010

Die Perfektion des Bildes


Nehmt Euch die Zeit, schaut das Video an und geniesst die fantastischen Bilder, es lohnt sich! Fullscreen und sound an.


Was meint ihr zur Technik, welche der Autor verwendet hat? Ist das die Zukunft der Architekturdarstellung? Wird die Fotografie durch die Perfektion dieser Technik redundant? Darf man das?

Tuesday, March 30, 2010

Anstehen für Gaudi


Besuche in Europas Kulturmetropolen wie Paris, Rom oder Amsterdam führen ja früher oder später immer zu der Frage, welche wichtigen Gebäude man gesehen haben muss, bevor man mit gutem Gewissen die Heimreise antreten kann und nicht das Gefühl hat, etwas verpasst zu haben. Gleichzeitig befällt einem beim Gedanken an das Schlange stehen vor dem Eiffelturm oder Petersdom bereits wieder eine gewisse Unlust, sich unter die Photos knipsenden Touristen zu mischen, nur um danach sagen zu können, man sei auch dort gewesen.
So auch letzte Woche in Barcelona, als ich - bereits zum dritten Mal in dieser Stadt - beschloss, dass ich dieses Mal die Sagrada Familia doch endlich auch von Innen sehen möchte. Also erst einmal beim Tickethäuschen anstehen und trotz beängstigend lange wirkender Warteschlange steht man schon nach kurzer Zeit einer jungen Billetverkäuferin gegenüber. Studentin? Ja! Legi? Nicht dabei. Also doch keine erhoffte Ermässigung, sondern stolze 12 Euro Eintritt (was ganzen drei take away Pizzas im Barrio Gotico entspricht). Danach im Gänsemarsch hinein in die Kirche, und nach einer 2/3 Umrundung der Aussenmauer entlang auch bereits wieder hinaus, denn der Grossteil des Innenraumes ist abgesperrt und mit Baugerüsten vollgestellt - der Charme des unvollendeten Werkes. Da dieser doch etwas kurze Einblick in Gaudis Schaffen noch nicht wircklich befriedigend war also die Frage: Anstehen für den Lift auf den Turm? Ein Schild warnt vor einer Gebühr von weiteren 2.50 Euro und einer Wartezeit von 30min. Also den dicken Amerikanern ein Vorbild sein und Treppensteigen! Eine Informationsangestellte erklärt aber, die Treppe sei nur für den Abstieg erlaubt, nach oben komme man nur mit dem Lift. Doch anstehen und bezahlen. Als man dann endlich oben ist, entschädigt der Blick auf die Stadt und auf das Bauwerk selbst, das als ewige Baustelle doch - oder eben gerade dadurch - fasziniert, für einiges an Gedränge und Ausgaben. Ein amerikanischer Tourist erzählt, er sei zuletzt bereits vor sechs Jahren hier gewesen und wieder gekommen, um zu sehen ob sich bei den Bauarbeiten seither etwas getan habe, was nicht der Fall sei.
Als man schliesslich dieses architektonische Meisterwerk verlässt, hat man zwar durchaus das Gefühl, ein wichtiges Stück menschlichen Kulturgutes besichtigt zu haben, aber was eigentlich bleibt von Barcelona sind die tausend kleinen Gässchen der Altstadt, die angenehm leicht verlottert wirkenden Fassaden, die vielen sonnigen Plazas, die gemütlichen Bars und das rege Leben auf der Strasse, bis spät in die Nacht.

Monday, March 29, 2010

Rem tene, verba sequentur.

Über die Wichtigkeit von Worten in der Architekturkritik – Anmerkungen.

Ein wesentlicher Aspekt beim Diskurs über Rhetorik ist heute wie damals die zentrale Unterscheidung zwischen Philosophen und Sophisten. Bei Platon wird dieser Unterschied erkenntnistheoretisch wie ethisch begründet: Dem Sophisten geht es allein um die Überredungskraft der Rede. Unserem ETH-Sophisten, nicht minder in der Zahl, um das gottverdammte “Verkaufen” seines Projektes, selbst wenn das Gegenüber von etwas Falschem oder Widersprüchlichen überzeugt werden soll. Laut Platon kann es dem wahren Philosophen nur darum gehen, durch die Rede zur Wahrheit hinzuführen. Dem ETH-Philosophen, vom einen oder anderen als “wahrer Architekt” erkannt, findet die optimale sprachliche Form seiner Rede, weil sie primär klar, dabei weder banal noch erhaben erscheint, DENN SEINE WORTE ENTSPRINGEN DER SACHE SELBST. Sein Charakter und seine Sprache dienen als Werkzeug, die bestehenden Sachverhältnisse hervorzuheben und so die adäquaten Emotionen der Anwesenden zu fördern.

Das Wort steht den Plänen, Skizzen und Bildern nicht gegenüber. Worte sind zwingender Teil des Entwurfsprozesses als ein weiteres Werkzeug, das Projekt zu klären, nicht nur anderen Gegenüber, auch sich selbst. Es zu fassen, zu reduzieren, worum es inhaltlich geht. Das Wort als ein weiteres Dartsellungsmittel, welches genauso Bilder in den Köpfen anderer evoziert wie das Bild selbst. Aber das Wort besteht nicht nur aus dem Wort selbst. Es ist unmissverständlich in seiner Wirkung auf andere davon abhängig, WER ES SAGT UND WIE ER ES SAGT. Ehe wir uns anschicken, andere zu überzeugen, müssen wir doch selbst überzeugt sein! Denn der Charakter des Redners überzeugt schliesslich nur dann, wenn er glaubwürdig erscheint bzw. Ist.

FORM UND INHALT - Da wären wir also wieder beim Thema . Auch hier wäre die vollkommendste und erstrebendeste Stufe die Identität von Inhalt und Form. Eine ehrliche und überzeugende Präsentation bedarf aber keiner Redekurse. Ein glaubwürdiger Architekt – und einen anderen Architekten gibt es nicht, nur Schwätzer und die gibt es auch in anderen Ecken unseres Planeten, muss nicht zwingend ein hervorragender Redner sein. Im Gegensatz dazu unsere Sophisten, deren entgegengesetzte Erscheinungsform dann erreicht ist, wenn einzig die Form den Inhalt bestimmt. Und irgendwie zeigt sich bei solchen Unikaten immer wieder dasselbe Phänomen der Redundanz: Der zeitgleiche Blick auf die Pläne und Bilder, welche auf dieselbe Art den Inhalt zu überspielen glauben, ja dieser abstrakte Pleonasmus erheitert mich immer wieder von Neuem.
Es ist doch so:
Die Form erklärt den Inhalt. Der Inhalt zeigt sich in der Form. Die Form verführt dazu, den Inhalt zu konsumieren aber die Form hilft – wenigstens dem standhaften Zuhörer nicht- einen Inhalt zu verkaufen, der nicht existiert.

So plädiert die Rhetorik der Neuzeit, dass "Reden" nunmehr überzeugend wirken, weil sie aus dem Innern der Seele oder des Herzens fliessen und nicht mehr, weil eine bestimmte Technik möglichst geschickt angewandt wird und verschwand als Lehrfach. Tatsächlich gibt es einige Rafinessen der Rhetorik, die nicht schaden würden, sie in die Lehre einzubauen. Die Professur von Christian Kerez machte es einst vor und lehrte den Studenten, sich über ihr Wirken bewusst zu werden, indem sie an der Kritik eine Kamera aufstellten. So lernt vielleicht auch noch der eine oder andere den so wesentlichen Unterschied von Überreden und Überzeugen – ja im Autodidaktismus.
Es ist nicht die Rhetoriklehre selbst, eher das Wort “Präsentation”, welches an dieser Schule deplaziert ist und automatisch ein sophistisch angehauchtes Verhalten evoziert. Ich stelle mich keinesfalls auf Goethes Seite, wenn er die Rhetorik als “Schule des Verstellens” verpönt. Nur soviel soll gesagt sein:
“REM TENE, VERBA SEQUENTUR.” Beherrsche die Sache, dann folgen auch die Worte. (Cato der Ältere)
"Weder ist es der rechte Winkel, der mich anzieht, noch die gerade Linie, hart, unflexibel, geschaffen vom Menschen. Was mich verlockt ist die Kurve, frei und sinnlich, die Kurve, die ich in den Bergen meines Landes finde, im gewundenen Lauf seiner Flüsse, in den Wellen des Meeres, im Körper der geliebten Frau. Aus Kurven ist das ganze Universum geschaffen - das gekrümmte Universum Einsteins."
(Oscar Niemeyer)


Für Oscar Niemeyer liegt der Reiz der Architektur nicht im rechten Winkel, sondern in der Kurve, die findet er spannend und inspirierend. Was macht also in der heutigen Zeit den rechten Winkel so zum „non plus ultra“ der Architektur?
Steht der rechte Winkel für Radikalität, Einfachheit und Abstraktion? Ist es eine Flucht aus der Komplexität, die durch Rundungen hervorgerufen werden? Ist es einfach nur ein Trend?
Was ist die Faszination am rechten Winkel?

Saturday, March 20, 2010

Über die Wichtigkeit von Worten in der Architekturkritik

Entschuldigt mal: Bilder, Pläne, Modelle - was ist mit dem Wort? Ich rede nicht vom geschriebenen Wort, von irgendwelchen Texten, die aufgrund verlorener Liebesmüh oder als Lückenfüller ihren Weg aufs Layout finden und oft, wenn man sich die Lektüre überhaupt antut und nicht aufgrund der schmerzenden Anhäufung unzähliger orthographischer Fehler frühzeitig abbricht, diese kaum lohnen. Ich rede vom gesprochenen Wort, das meist vor allem anderen kommt, am Anfang einer jeden Kritik und am Anfang eines jeden Entwurfs, wenn man noch gar keine Bilder und Pläne hat, sondern vielleicht nur eine Idee und ein paar Skizzen. In Gruppenarbeiten streitet man sich darüber, wer das Ganze präsentiern "muss", anstatt genau darin die Chance zu sehen. Mit Worten kann man erklären, überzeugen, Ideen darstellen, Bilder und Stimmungen evozieren, das kreative Mitdenken und Anknüpfen des Gegenübers bewirken, ein Feld von möglichen Vorstellungen und individuellen Interpretationen eröffnen, während Bilder und Pläne es meist schliessen, fixieren in einer konkreten Vorstellung. Dass es irgendwann zu diesem fixierten Punkt kommt, liegt in der Architektur auf der Hand und geschieht endgültig wohl aber erst mit dem fertigen Bau. Bis dahin ist es jedoch ein langer Weg, und kommt es in unseren Projekten im Entwurfssemester ja nie, also plädiere ich für mehr Freiheit, für das Reden und für das Schätzen der Worte, die einen unterschätzt grossen Anteil am Entwurf ausmachen. Worte können jedoch auch das Gegenteil; dem Gezeigten widersprechen, es verunklären, zerstören oder mindestens genauso schlimm: Langweilen oder gar einschläfern. Während an der ETH allen Darstellungsformen und deren Förderung so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, dem Plan zeichnen, dem Bilder erstellen, dem Modelle bauen, wird ein mindestens genauso wichtiges Medium, zwar nicht in der Praxis aber in der Lehre vernachlässigt: das Wort. Ständig muss man alles präsentieren - aber wie man das 'gut' macht, darüber wird geschwiegen.

Friday, March 19, 2010

http://www.0300tv.com

Hier noch eine Ergänzung zum Thema der Bilder in der Architekturkritik. Das Medium des Films wurde bisher ja noch nicht erwähnt. Die Clips auf dieser Seite gefallen mir zum Beispiel ziemlich gut. Hier wird die Architektur so dargestellt, wie sie ist; man sieht die Leute, die sie benutzen, ebenso wie zum Beispiel die Spuren der Patina. Die Autoren geben auch keine Wertungen ab über die Bauwerke, obwohl die Bildausschnitte etc. natürlich bewusst gewählt sind.

Thursday, March 18, 2010

Die Neustadt am Stadtrand lebt (?)

Bild vs. Text

So titelt die NZZ Print- und Onlineausgabe am Dienstag, 16. März und nimmt dabei Bezug auf die grossmassstäbliche Überbauung Glattpark in Opfikon. Auf einer gewaltigen Parzelle entsteht hier entlang eines hunderte von Metern langen Kunstsees Wohnraum für 7000 Menschen. Die erste von insgesamt drei bauetappen steht kurz vor der Vollendung.

Wenn ein Projekt dieser Grössenordnung angegangen wird, liegt das Zauberwort Durchmischung auf der Hand, wird aber nicht derart konsequent umgesetzt, wie man es sich wünschen würde. Dennoch scheint der Autor des Artikels dem ganzen Unterfangen gegenüber wohlgesinnt zu sein und verbreitet einen eigenartigen Optimismus, über den ich persönlich mehrmals gestolpert bin.

Von Euphorie ist die Rede, von Internationalen Unternehmen, welche ihre Hauptsitze an den Glattpark verlegen werden, von einem See mit Promenade, umgeben von bepflanzten Aussenräumen, aber auch von Häuserschluchten. Ein ständiges Oszillieren zwischen jenen Gegensätzen, welche per Definition Urbanität beschreiben und somit auf das vorherrschende städtebauliche Ideal verweisen. Nicht zu vergessen: Man hat sogar eine eigene Postleitzahl ... aber zum Glück nicht zu viele Ausländern. So richtig urban will man dann doch nicht sein.

Wieder und wieder schweift mein Blick beim Lesen des Artikels über das Bild welches ihn illustriert. Im Anschluss an jeden gelesenen Abschnitt suche ich darin nach einer Bestätigung dessen, was mir der Autor mitzuteilen versucht ... und werde nicht fündig.

Das Bild ist stärker als der Text, es hat mich schon vor Beginn meiner Lektüre auf einen bestimmten Kurs gebracht und in mir jene Sterotype geweckt, die ich mit tristen mittelländischen Vorstadtsiedlungen verbinde. Und diese obsiegen gegenüber dem geschriebenen Wort.

Wie so oft siegt das Bild und ich fühle mich dabei ertappt.

Link zum Artikel: http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/glattpark_opfikon_1.5224595.html

Wednesday, March 17, 2010

Tuesday, March 16, 2010

Über die Wichtigkeit von Bildern in der Architekturkritik

Bild: Mela Jovanovic, HS 09, Prof. Mateo

Über die Wichtigkeit von Bildern in der Architekturkritik


A: „Wo machst du dieses Semester den Entwurf?“

B: „Bei Sik.“

A: „Der schaut doch immer nur auf die Bilder, oder?“

Bilder sind ein Hilfsmittel, primär um Ideen und Stimmungen zu kommunizieren. Wie der Dialog oben zeigt, will man aber nicht, dass der Entwurf auf die Bilder reduziert wird – wieso eigentlich? Offenbar ist man der Meinung, dass man mit Plänen und Diagrammen vielmehr aussagen kann als mit Bildern...ist das auch so? Zumindest stellt sich diese Frage bei Projekten wie sie während dem Studium verfasst werden.

Zudem, bei Kritiken...der Blick geht natürlich zuerst zu den Bildern und es sind auch vorwiegend die Bilder und deren Aussage die diskutiert werden. Pläne werden zur Klärung von Dimensionen und räumlichen Verhältnissen zugezogen oder um Vermutungen die aufgrund des Bildes auftauchen zu überprüfen.

„ein Bild sagt mehr als tausend Worte“

Wie würde wohl eine Kritik ohne Bilder ablaufen? Schliesslich sind es doch gerade diese, die einen solch schnellen Einstieg in ein Projekt überhaupt erst ermöglichen.

Wieso also diese Skepsis dem Bild gegenüber? Wieso nicht eine Architekturkritik in Bildform?

Bunker oder Kleinod?

„Unsere Arbeit basiert auf dem Verständnis von Architektur als etwas Objekthaften“ steht im Profil der Internetpräsenz des Berliner Büros AFF Architekten. Einmal mehr erfährt diese These ihre Bestätigung in der kürzlich erfolgten Fertigstellung der Schutzhütte am Fichtelberg.

Im Erzgebirge gelegen substituiert bzw. erweitert der elegante Sichtbetonkörper einen Holzbungalow, welcher seit 1971 Wanderern Schutz gab. In den letzten 15 Jahren sich selbst überlassen, verfiel die Hütte zusehends, um schließlich bei einer Auktion in den Besitz der Architekten überzugehen.

Zur Straße hin wirkt der Betonkörper schwer und geschlossen und zeigt der Zivilisation damit die kalte Schulter. Zum Wald hin öffnet er sich großzügig um eine enge Bindung mit der Natur einzugehen. Ablesbar wird der von den Architekten formulierte Wunsch nach der „Rückkehr zum Elementaren“.

Da ein Neubau baurechtlich nicht zulässig war, wurde die alte Hütte kurzum als Schalung für die Innenwände verwendet. Sie lebt damit im Neuen fort und reliefiert die Innenräume.

Genutzt wird die Hütte fortan als kleines Atelier. Sie kann aber weiterhin bis zu sechs Leuten eine Unterkunft bieten und wird von AFF Architekten zu diesem Zwecke auch vermietet.

Um einer Diskussion - dem verständlichen Wunsch von Philippe folgend - eine Basis zu bieten, darf bei aller Ästhetik dieses Projektes wohl die Frage aufgeworfen werden, ob der skulpturale Betonkörper am Rand des Fichtenwaldes die richtige Antwort auf den Ort ist und (anknüpfend an vorherige Beiträge) vom Laien verstanden werden kann.

Monday, March 15, 2010

„Wir Architekten werden zu den Gewinnern der Krise zählen“

Im Gespräch mit Michael Schumacher

Von Matthias Alexander

Der Architekt und BDA-Vorsitzende von Hessen Michael Schumacher spricht in einem Interview über den Bilbao-Effekt, die Qualitäten von Architekten und über Chancen, die sich für die Architektenschaft aus der aktuellen Wirtschaftskrise ergeben könnten.



KRITIK ZUR KRITIK

Internet ≠ Zeitung

Ich stelle fest: Es gibt viele interessante Einträge, aber es kommentiert sie Niemand. Sind die Einträge nicht diskussionswürdig oder werden sie gar nicht gelesen?

Byxbee Park





Dieser Park ist ein Projekt von George Hargreaves, einem amerikanischem Landschaftsarchitekten. Der Park wurde auf einem riesigen Hügel Abfall errichtet, der sich am Rande einer Bucht in San Francisco befindet. Der Park steht für mich persönlich für eine Faszination, Leidenschaft und Poesie, die allen Widerständen zum Trotz die Oberhand behält. In dem Sinne ein typisch architektonisches Projekt also...

Architektur: Ein gesellschaftlich irrelevantes Metier?

Zum Thema Architektur und Gesellschaft von Arno Brandlhuber:

Architektur scheint ein gesellschaftlich irrelevantes
Metier. Schlagworte wie 'Neoliberalismus',
'Digitale Revolution', 'Markt-Populismus' beschrei-
ben einen grundlegenden Paradigmenwechsel. So wenig
der physische Raum von diesen Umwälzungen unberührt
bleibt, so wenig Impulse vermag die architektonische
Praxis zu deren Bewältigung zu setzen. Alles verän-
dert die Architektur, die Architektur verändert nichts.
Bau-Produktion und Bau-Kultur sind im Sinne
eines gesellschaftlichen Diskurses von einander abge-
koppelte Themenfelder.

aus www.a42.org

Saturday, March 13, 2010

In vino veritas.

schlaflos.

Meine geliebte Architektur, du machst mich schlaflos.
Du erlaubst es dir, alle nur erdenklichen Themen des menschlichen Daseins in einem so grässlichen, durch deinen Gestank zum Erbrechen führenden Eimer voller Eindrücke, purer Gegensätze, jugendlichem Glauben an das Berühren der menschlichen "achso" Wahrheit und ebenso grausamer Realität über mich zu schütten - in der Meinung, ich könnte zu jeder Stunde dieser Überforderung mit Leidenschaft gegenübertreten.

Ha! Da hast du dich, wie du es bei allem Respekt gelegentlich tust, getäuscht. So wie du hin und wieder deiner wesenhaften Herrlichkeit mit derart verlogenem Selbstvertrauen gegenübertrittst, welches so falsch ist, dass es nur als erbärmliches Abbild deines eigenen Machers gedeutet werden kann; so wie du dich zuweilen mit gesuchter, ja völlig an den Haaren herbeigezogener Einfachheit brüstend an einer Strasse zeigst, weil du das Demütige im eben gelernten Wort Bescheidenheit als Attribut gleichermassen einbeziehen willst; wie du dir auf unserem Berg schon dutzdendfach ein wahrhaftig gewagtes Kleid übergestreift hast, sei es dasjenige eines übermütigen Wahnsinnigen oder eines in erzwungener Schlichtheit, das nur leider, so oder so, zu dir nicht passte.
Meine geliebte Architektur, just machst du mich schlaflos.
So schütte ich heute einen Eimer des edlen purpurnen Getränkes in mich selbst, damit ich dich dann morgen wieder lieben kann.

Thursday, March 11, 2010

In censura veritas.

In censura veritas.


Den Auftakt meines Architekturblogs macht eine Aussage in Anlehnung an Plinius` berühmte Phrase “in vino veritas” . Der Titel “in censura veritas” (in der Kritik steckt die Wahrheit) initiiert die Zuwendung zweier substanzieller Themen in Bezug auf die Architektur. Kritik (censura) und Wahrheit (veritas).


Censura.

Wenn die Fähigkeit vorliegt, Kritik nicht als Tadelung oder Herabwürdigung wahrzunehmen, sondern sie wie im ursprünglichen Sinne (griechisch “krinein”: scheiden, unterteilen) als die Kunst der Beurteilung in Bezug auf einen Sachverhalt zu betrachten, wird die Bedeutung und Tragweite dieses Begriffs für die Architektur erst möglich. In Kants `Kritik der reinen Vernunft` meint Kritik nicht eine Beanstandung reiner Vernunftserkenntnis, sondern die Suche nach den `Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis aus reiner Vernunft`. Kant besagt, und dies scheint mir sowohl für die heutige Zeit im Allgemeinen wie auch bezüglich der Architekturkritik im Spezifischen wichtig, dass alle Erkenntnis von der sinnlichen Erfahrung ausgeht. Die Sinne sind eine eigenständige Erkenntnisquelle. Sie liefern das Material, ohne das eine Erkenntnis überhaupt nicht möglich wäre. Wenn wir zusätzlich Kritik als eine Grenzziehung zwischen dem Wissbaren und dem Unwissbaren auffassen, wird mein Anspruch bezüglich der Architekturkritik ersichtlich:
Nebst einer noch so klugen und überzeugenden Differenzierung bezüglich dem Wissbaren eines Gebäudes (Themen wie Raum, Position und Orientierung, Form, Funktion, Konstruktion, Fassade, Bezug zur Umbegung ect.) soll ebenso sein Gegenpol, das Unwissbare, nie aus den Augen, besser gesagt - aus den Sinnen verloren und als gleichwertiges Urteilsfeld der Kritik beigezogen werden. Während eine exakte Analyse des Gebäudes auf verschiedenen Ebenen das Wissbare zum Vorschein bringt, so ist es vor allem und nur die emotionale Wahrnehmung aus Sicht des Betrachters, welche das Unwissende evoziert.
Peter Zumthor verwendet in seinem Buch Atmosphären dafür folgende Worte:
“Atmosphäre spricht die emotionale Wahrnehmung an, das ist die Wahrnehmung, die unglaublich rasch funktionniert, die wir Menschen offenbar haben, um zu überleben. Sofortiges Verständnis, sofortige Berührung, sofortige Ablehnung. (...) Wir kennen das ja alle: wir sehen einen Menschen und haben einen ersten Eindruck von ihm. Und ich habe gelernt: vertraue dem nicht, du musst dem Menschen eine Chance geben. Jetzt bin ich ein bischen älter und ich muss sagen, ich bin doch wieder beim ersten Eindruck. Ein bischen ist es für mich so auch mit der Architektur. Ich komme in ein Gebäude, sehe einen Raum und bekomme die Atmosphäre mit, und in Sekundenbruchteilen habe ich ein Gefühl für das, was ist.”
Wissendes und Unwissendes. Jedes Gebäude hat einen ganz eigenen, bestimmten Charakter. Ein schwierig definierbares, aber unverkenntliches Etwas, was präsent ist und auf jeden, bewusst oder unbewusst, wirkt. Der moderne Mensch ist ununterbrochen von Gebäuden umgeben. Architektur, im weitesten Sinne als Auseinandersetzung des Menschen mit gebautem Raum verstanden, beeinflusst die Stimmung und Psyche. Architektur hat für jeden Menschen eine sehr konkrete Bedeutung und bestimmt das altägliche Leben viel stärker als Musik, Literatur, ect.
Wissendes und Unwissendes. Sollte uns nicht die Qualität des Lebensumfeldes ein höchstes Anliegen sein? Sollten wir nicht eben dieses Gefühl bei aller Kritik nicht vergessen – mehr noch – es in die auf Tatsachen basierende Kritik miteinbeziehen? Bauen wir doch Gebäude nicht nur der Funktion wegen. “Architektur ist gefrorene Musik “, bemerkte einst Arthur Schopenhauer. Umgekehrt könnte man sagen, beim genaueren Hinsehen, wenn das Gebäude langsam aus seiner Eisstarre auftaut, beginnt es, sich zu bewegen. Wohin bewegt es sich? Zu welchem Takt? Ist die Musik schnell oder langsam? Bewegt es sich geschmeidig oder abrupt? Tanzt es allein oder tauscht es seine Partner mit den umliegenden Gebäuden?
Wissendes und Unwissendes. Ich bin für mehr Wissen über das Unwissende!






Veritas.

Wie oben bereits erwähnt, bekräftigt Kant: ..”erst die Einheit aus Sinnen und Verstand führt zur Erkenntnis.” Ich füge hinzu: Und durch die Erkenntnis zur Wahrheit.
Wie das unter censura erwähnte “Mysterium des Unwissens”, so liegt auch in der Materie der Veritas ein ähnlich ignoriertes Phänomen vor. Die Wahrheit bzw. die Wahrhaftigkeit eines Gebäudes.

Bezüglich der Wahrheit im Sinne eines richtigen Sachverhaltes existieren verschiedene Theorien. In den meisten Fällen handelt es sich jedoch um die Übereinstimmung zweier Relata. Die Korrespondenztheorie sieht Wahrheit als Relation (Übereinstimmung, Adäquation) zwischen zwei Bezugspunkten: Subjekt – Objekt (wie zB. Betrachter – Gebäude) In der Philosophie des Neuthomismus wird Wahrheit mit der Übereinstimmung zwischen dem Wissen und dem Seienden gleichgesetzt. Um welche Übereinstimmung handelt es sich in der Architektur, damit wir ein Gebäude für “wahr” bezeichnen oder wie es Peter Zumthor ausdrückt: “Wie kann man solche Dinge entwerfen, die eine derart schöne, selbstverständliche Präsenz haben, die mich immer wieder berührt?”

Sein, Schein und das Mass.
Gebäude sprechen. Egal, was sie sprechen oder wie sie es tun, es sollte lediglich das sein, was sie zu sagen haben und in der Sprache, der sie bemächtigt sind. Wahrheit ist demnach der Gegensatz zu Schein, als eine Natürlichkeit im Sinne von Echtheit in Bezug auf einen Bau. Oft wird der Anspruch auf Wahrheit von Kollegen missverstanden. Die fehlenden Kosten müssen in solchen Fällen als häufigstes Argument hinhalten. Handelt es sich jedoch nicht um eine Forderung wie im Sinne von Materialechtheit = Wahrheit. Vielmehr ist diese Wahrheit im Zusammenhang mit dem Begriff `Maze` aus der höfischen Literatur zu verstehen.
In der Einleitung zum Epos Parzival rät Wolfram von Eschenbach den Frauen, nie das Gefühl für das rechte Mass zu verlieren. Auch in der folgenden Handlung bestimmen die Rittertugenden und deren Wertvorstellungen das erstrebende Moralsystem. Staete (Aufrichtigkeit), muot (Mut), êre (Ehre) sowie diemüete (Demut) sind nebst dem technischen Geschick nur einige anzustrebende Eigenschaften, die sich Parzival in seiner Erziehung zum Ritter und auf der Suche nach dem Gral anzueignen hat. Und wie sieht es mit uns Architekten aus? Reichen die erlernten technischen Fähigkeiten und die ansatzweise entwerferischen Anfangserfahrungen wirklich aus, um uns nach Erhaltung des Diploms auf das Verantwortungsfeld Menschheit und Kulturgut loszuschicken, um das Bild unseres Lebensraumes mitzugestalten? Welches sind denn unsere zeitgenössischen Werte, die wir beiziehen können und wer lehrt sie uns?
In der Tat ist auf solche Fragen heutzutage nicht mehr mit wenigen Schlagwörtern wie Aufrichtigkeit, Mut ect. zu antworten. Dennoch bin ich überzeugt, dass solche Werte noch existieren und dass gerade heutzutage die Sehnsucht nach Tugend und Moral auch in Bezug auf das öffentliche Kulturgut gross ist. Liegt es nicht in der Natur des Menschen, dass er Wahrheit und Echtheit dem Unwahren und Künstlichen vorzieht?
Damit aber beim Betrachten eines Gebäudes Begriffe wie Wahrheit, Wahrhaftigkeit oder Erhabenheit zum Leben erweckt werden können, braucht es zuallererst seitens der Macher ein wiedererkanntes Bewusstsein darüber, was Wahrheit in der zeitgenössischen Architektur überhaupt bedeutet. So fordere ich: Vergesst den Anspruch an das Wahre nicht. Wahres ist nicht langweilig, nur weil ihm überflüssige, hingeworfene Attribute aus künstlerischem Übermut und verfehltem Drang nach Exklusivität fehlen. Mass halten! heisst meine Devise und zwar mit denjenigen Mitteln, die zur Verfügung stehen, mit Achtung vor der Aufgabe, Selbstkritik, dem Glauben an die Wahrheit und dem Vertrauen, die Lösung in sich zu finden. Ist es gerade das Ziel, dass der Bau aus dem Rahmen fällt – mehr zu wollen, als er in Wirklichkeit ist oder will er sich zu den anderen bloss dazugesellen und sagen `jetzt bin ich auch noch da` oder möcht er gar an etwas erinnern, etwas bewirken in den Köpfen derjenigen, die ihn betrachten.. Welches Ziel auch immer das Gebäude beabsichtigt, das grosse Ziel ist unumstritten: Ein Gesamtes schaffen, das in sich stimmt – stimmig ist, in sich massvoll ist. Nicht mehr und nicht weniger. Architekten! Haltet das Mass!

Die Sprachverwirrung der Wissenschaften

In einer Zeit wo immer schneller neue Materialien und Techniken entwickelt werden, habe ich das Gefühl wir kommen der Verantwortung und den möglichen Potenzialen dieser Erneuerungen nicht nach. Damit meine ich nicht den Fortschritt in einzelnen Disziplinen zu verlangsamen oder gar zu unterdrücken wollen. Doch wenn wir so sehr damit beschäftigt sind, uns in unseren eigenen Disziplinen zu vertiefen, um uns zu verbessern, sollten wir dabei nicht den Überblick über das Ganze verlieren. Wir vergessen oft die gelernte Grammatik verantwortungsvoll anzuwenden.

Jetzt wo beispielsweise Wörter wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung als wichtige Themen in vielen Disziplinen als selbstverständlich gelten, meine ich, dass wir auch diese Themen zu schnell einfach als Ausrede brauchen, um nicht wirklich nachdenken zu müssen, was langfristig sinnvoll ist. Vielleicht kommt das auch daher, dass wir uns in unsren Spezialgebieten zu sehr abkapseln und den interdisziplinären Dialog scheuen, oder er oft kurzfristig- ökonomisch keinen Sinn macht.

An der Klimakonferenz in Kopenhagen wird auf politischer Ebene Panik verbreitet, dass uns die natürlichen Ressourcen ausgehen und uns bald die Welt explodiert. Also werden neue Richtwerte für CO2 festgelegt, womit den Menschen anstatt einen Anstoss zum Verzicht auf Überfluss, sie mit verbesserter Technik, aber denselben Gewohnheiten weitermachen dürfen. Nun habe ich aber auch gehört, dass jedem Ölhändler klar ist, dass spätestens in 40 Jahren uns die Nutzung der Sonnenenergie einen riesigen Überschuss an Energie liefern wird. Wollen sie die drohende Überbevölkerung auch mit solchen Argumenten stoppen?

Ich schliesse mich Njel an und fordre Alle auf: haltet Mass! Und die Architekten, welche behaupten sie können zwischen dem Fokus ins Detail und dem Überblick auf das Ganze, Zusammenhänge erkennen und beeinflussen, diese fordere ich auf den interdisziplinären Diskurs zu suchen und die Verantwortung gegen über dem Menschen und dessen Kulturgüter wahrzunehmen.

Ich wurde darauf hingewiesen, dass ich in der vorherigen Diskussion den Eindruck erweckte, dass ich denke, dass der Architekt aufgrund seiner Ausbildung dem Laien und seiner Meinung höher gestellt ist. Ich denke jedoch nur, dass wenn der Architekt nicht mehr Wissen über das Denken der Architektur hat, würde das Studium oder die Ausbildung als sinnlos dargestellt. Die Ausbildung sollte doch eigentlich dazu führen, dass der Architekt u. a. ein Gespür für die Bedürfnisse der Laien entwickelt und diese auch umsetzen kann. Ich würde diese Meinung mit einem etwas plakativen Beispiel untermauern: Ein Metzger sollte aufgrund seiner Ausbildung und seiner Passion besser wissen wie eine gute Wurst schmeckt, trotzdem darf der Bäcker seine Meinung zur Wurst äussern und der Metzger sollte sich durch die Kritik auch beeinflussen lassen. Doch es ist klar, dass der Bäcker die Umstände und Faktoren für eine gute Wurst nicht kennt und auch nicht kennen muss, denn er ist ja Bäcker.

Kühne Entwürfe oder Schandflecken ?


Unter dem Titel "Wenn aus Schandflecken Denkmäler werden" ruft Phillip Zweifel im Tagesanzeiger zu einer Dusskussion über Schweizer Grosssiedlungen auf. Anlass dazu ist die genfer Grosssiedlung "Le Lignon", die nun unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Ein schönes Beispiel einer Laiendisskusion, wie wir sie heute Nachmittag im Seminar besprochen haben und auch ein wertvoller Beitrag zur Beurteilung dieser Bauwerke als Wohnform.


[...] denn über die Ästhetik lacht er [...]

Als ungeübte Bloggerin stellt sich mir als erstes die Frage: muss ich das alles lesen was die andern so schreiben? Und muss ich darauf reagieren? Oder inszeniert man seine eigene Meinung frei nach „fuck the context“ und zelebriert das Aneinandervorbei-Reden? Da dies wohl die einfachere Variante ist, fällt die Wahl nicht schwer und möge mir angesichts meiner Unerfahrenheit verziehen werden. Wenn ich schon nicht auf die anderen Blogger Bezug nehme, so wenigstens auf die letzte Stunde und das Input-Referat zur Frage „Was ist Architekturkritik?“.

„Balzac sinnt über die schönen Künste nach, indem er sie konstruiert. Er sucht nicht nach Urteilsmassstäben, denn über die Ästhetik lacht er, er sucht nach Produktionsbedingungen, weil er nach der aktiven Praxis des Künstlers fragt. Vor der mühelosen Kritik steht die mühevolle Arbeit des Schaffenden. Vor der Metasprache des Urteils, muss man zunächst etwas konstruieren.“ (Michel Serres, Der Hermaphrodit, 1989)

Dieses Zitat von Serres passt zu der im Referat geschilderten transzendentalen Art der Kritik (von Serres jedoch hier nicht als Kritik, sondern als Suche nach den Produktionsbedigungen bezeichnet), welche nach den Bedingungen für die Möglichkeit von etwas (z.B. Architektur) fragt. Zugleich mockiert er sich über eine ästhetisch urteilende Kritik. Die beiden Kritikarten lassen sich einerseits zeitlich einordnen in ein Vorher und Nachher, anderseits implizieren sie auch eine Unterscheidung was die kritisierende Person betrifft. Während der transzendentale Kritiker von Architektur selbst Architekt sein muss, ist die Person des urteilenden Kritikers offen (Laie, Architekt, Wissenschaftler etc.). 

Ich frage mich, ob diese Unterscheidung nicht tauglich wäre, um Kritiken, wie sie in der Entwurfspraxis an der Schule und in Wettbewerben geübt wird, von Kritiken in Architekturzeitschriften zu unterscheiden. Was natürlich nicht heissen soll, das letzere lachhaft seien. Aber vielleicht nie „konstruktiv“ in dem Sinne, dass sie nicht primär nach den Produktionsbedigungen fragen oder Aufschluss über diese geben.

Kurz: Braucht Architektur Kritik? In transzendentalem Sinn verstanden bestimmt, denn sie ist Voraussetzung von Architektur. Bliebe die Frage offen, ob denn die Suche nach den Produktionsbedingungen nicht letztendlich auch über eine urteilende Kritik läuft, sei es im Sinne des Textes von Falk Jaeger als Analyse, Interpretation oder Urteil des kulturhistorischen Kontexts.

 

 

Wednesday, March 10, 2010

nobody tears down a building if the architecture critic doesn't like it

In seinem Vortrag “Architecture Criticism: Does it matter?” reflektiert der amerikanische Architekturkritiker, der für die New York Times schrieb und heute für The New Yorker arbeitet, über die Rolle und Aufgaben von Architekturkritik.

“[...... ]Architecture criticism is aesthetics and it is politics and it is sociology and it is culture, and if you do not accept the notion that all of these things are intimately intertwined, then you fail to understand what has to be the foundation of all writing about design, which is that every object has an aesthetic presence and a social one at the same time, or, to put it another way, every object is both a physical thing and a political thing, and it has to be understood and criticized as both. It is not one or the other, but both, all the time.”

Er definiert die Funktion des Architekturkritikers als Vermittler zwischen Architektur und Nicht-Architekten, der den Lesern neue Einsichten/Sichtweisen beschreiben und ganz allgemein die öffentliche Aufmerksamkeit/das öffentliche Bewusstsein für Architektur und Gestaltung erhöhen könnte. Wichtig für ihn ist dabei, dass Architektur nie allein rein vom Ästhetischen, sondern immer in ihrem Kontext betrachtet und kritisiert wird.
Die Architekturkritik sollte also einen grösseren gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Zusammenhang herstellen und gewinnt erst dadurch die Möglichkeit, ein Nicht-Fachpublikum für ihr Gebiet zu interessieren. Der Effekt davon ist natürlich nicht sofort erkenntlich, sondern Teil eines Lernprozesses.

“Its [the criticism’s] effect, I think, is gradual, and subtle, and really does come down to the issue I talked about a couple of minutes ago, which is the creation of a more visually literate public that, presumably, will be a constituency for better architecture and design. It's true that nobody tears down a building if the architecture critic doesn't like it.”

link zum Vortrag: http://www.paulgoldberger.com/lectures/12


Atelier Scheuchzerstrasse 19:17

Leere ist keine Bedingung, sondern ein Unterstreichen der bereits vorhandenen Schönheit.

"Wir bauen eine Stadt" wird auf einem Schild nahe der Siedlung am Lindberghplatz in Zürich Opfikon propagiert. Die "Stadt" ist leer, aber schön noch lange nicht. Was war zuerst da? Hässlichkeit oder Leere? Ist die Siedlung leer weil sie hässlich ist, oder hässlich weil sie leer ist? Ist es Aufgabe des Städtebauers genügend Publikum anzuziehen, um "urbane" Einöde zu vermeiden, oder Aufgabe des Architekten durch die Gebäudeästhetik einen Anziehungspunkt zu generieren?

Die Verzerrung des Architekturgeschmacks durch die Ausbildung zum Fachidioten


Früher, als ich noch in meiner provinziellen Heimat in einem kleinkarriertem Tourismuskaff hauste und mich dafür entschied, Architektur zu studieren, schwor ich mir, ich würde mir keinen Geschmack beibringen wollen lassen. Ich wollte Gebäude bauen, die auch das Herz meiner Mutter verkraften kann, im Idealfall sogar erfreut. Ich wollte nicht den Beton lieben, sondern viel eher eine zeitgemäße Almhütte entwerfen lernen. Kurz gesagt, ich wollte die naive Sicht auf die moderne Architektur nicht verlieren um nicht NUR „Art pour l’art“ zu schaffen, sondern auch die gängige Trivialität in Rausch zu versetzen.
Keinesfalls wollte ich historistisch sein und den Zeitgeist ignorieren, keinesfalls wollte ich engstirnig und unauffällig sein, aber auf jeden Fall kein isolierter Fachidiot.
Es war mir damals sehr wohl bewusst, dass man durch eine umfassende Bildung auch „grobere“ Architektur, wenn man sie so definieren darf, schätzen lernen wird und der geschichtlichen Hintergrund dieser Grobheit eine Rechtfertigung verleihen wird, die so einleuchtend sein wird, dass auch ich sie propagieren werde. Ich war damals sogar sehr gespannt darauf, wie es sein wird, an diesem Groben Gefallen finden zu werden: welche Aspekte werden es sein, welche Details?
Die Geschichte dieser Grobheit, die meine Mutter aber so sehr belastet, wollte ich nicht fortführen, ich wollte lieber eine Alternative dazu finden. Nun aber habe ich, aus Gefallen daran, bereits beängstigend viel Grobes in meinem Studium entworfen und das bereitet mir erste Sorgen. Sollte ich meinen jugendlichen Eid einfach fallen lassen oder an den alten, vergangenen, überholten, aber für Mama immer noch aktuellen, Idealen festhalten?

Hoeoer

Atelier Scheuchzerstrasse, 10.55 Uhr

"Schöne Städte sind leer am schönsten."
(H. Kollhoff)

Libeskind interessiert sich nicht für Architektur!


Im von Blogger Till Thomschke bereits erwähnten Interview mit Daniel Libeskind, welches gestern Abend auf 3sat ausgestrahlt wurde, sprach Libeskind darüber, weshalb er kein gewöhnlicher Architekt sei. Gewöhnliche Architekten interessieren sich für Architektur. Ein grosser Autor interessiere sich nicht für Bücher – ein grosser Autor interessiere sich nur für Geschichten. Libeskind interessiert sich demnach für alles, nur nicht für Architektur. Diese Aussage ist sinnbildlich für seine Projekte. In seinen Entwürfen benutzt er praktisch keine Referenzen ausser sich selbst. Er tut genau das, was J.Pieper an der „Blob – Architektur“ kritisiert – er will die Sprache der Architektur neu erfinden.

Kann man (gute) Architektur machen ohne jeglichen Referenzen beizuziehen - ohne ein lange entwickeltes und bewährtes Formenvokabular zu beachten? Ist das Studium, die Reflektion und letzlich die Kritik an Architektur nicht ein notwendiges Instrument im Entwurf?

es grüsst ein wohl gewöhnlicher Architekt.

Tuesday, March 9, 2010

Es war einmal ein Schüler namens Christian...

Christian (11) wohnt in Leutschenbach, Zürich. Jeden Werktag geht er mit seinem dunkelblauen, mit farbigen Autos besetzten, Schulranzen in die 5. Klasse der Primarschule in Leutschenbach. Seinen Fussball hat er auch immer dabei und so geht er jeden Morgen trippelnd über eine leere Wiese, die ihm immer etwas verlassen erscheint, um schlussendlich zu seinem neuen Schulhaus zu gelangen. Wie näher er an das Gebäude kommt, desto vorsichtiger spielt er mit seinem Fussball, denn das ganze Erdgeschoss, wie fast alles bei seinem Schulhaus, ist verglast. Christian ist genug alt um zu wissen, dass diese Fenster genug stark sind um einem Fussball standhalten zu können. Doch instinktiv wird er vorsichtiger beim spielen. Nun muss er aber in den Unterricht und er geht Richtung Treppenhaus um sich in sein Schulzimmer begeben zu können. Das Treppenhaus und seine Begrenzung erinnert Christian an den Arbeitsort seines Vaters. Dieser arbeitet in einer grossen Fabrikhalle und da sehen die Wände gleich aus wie bei seinem Schulzimmer. Irgendwie ist es ein tolles Material, denn es ist zwar nicht durchsichtig, aber das Licht scheint trotzdem immer leicht hindurch. Doch in Kombination mit dem grauen, kalten Stein, er meint es sei Beton, erinnert ihn die Atmosphäre seines Schulhauses noch mehr an die Fabrikhalle seines Vaters. Was ihn aber wirklich stört, das ist vielmehr, dass er glaubt, dass die Schüler bei diesem Bauwerk völlig vergessen wurden, nein noch schlimmer, sie stören! Denn wenn er die Schuhe ausziehen will, dann kann er sich nicht einmal setzen. Und die Schuhe stehen einfach wild auf dem Boden herum. Auch die farbigen Schulranzen an den matten Glaswänden sehen aus, als würden sie nicht hier hin gehören. Naja, aber das alles wird irgendwie unwichtig wenn er an den Turnunterricht denkt. Drei mal in der Woche darf er je eine Stunde in das oberste Geschoss des Schulhauses und die helle und aussichtsreiche Turnhalle benutzen. Am meisten freut er sich, wenn sie mit dem Lehrer an den Ringen üben. Dann fühlt sich Christian wie ein kleiner Gott der sich im Himmel austobt. Beim Fussball oder Volleyball, da hat er wieder das selbe Gefühl wie zuvor jeweils am Morgen. Irgendwie hat er Angst, dass ein Kick auf den Fussball Richtung Scheibe das ganze Schulhaus zum beben bringen könnte.
Doch am Abend, auf dem Nachhauseweg, vor allem im Winter, schaut er nach einiger Zeit zurück zu seinem Schulhaus und sieht einen riesigen Kristall, der von weitem sogar massiv aussieht.

Zum Glück ist Christian noch nicht genug alt um zu realisieren, dass es ihm vielleicht viel mehr nützen würde, wenn er in seinem Problemfach Geschichte von der öffentlichen Hand bezahlte Nachhilfe bekommen würde statt in einem völlig überteuerten Schulhaus Gefühle wie der Himmel auf Erden beim Turnen zu erleben.

Die Berichterstattung über Architektur wurde im Kurs ja schon öfters thematisiert. Das folgende Interview mit dem japanischen Architekten Riken Yamamoto erschien auf der Online-Ausgabe des Tagesanzeigers:

http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/architektur/Der-Flughafen-ist-eine-Welt-fuer-sich/story/25022161

Das Interview handelt vom neuen Dienstleistungszentrum "The Circle" beim Flughafen Zürich. Zum Ersten geht die Journalistin der Frage nach, was den Architekten an diesem Projekt speziell gereizt hätte. Man erfährt unter anderem, dass der Flughafen Zürich von grosser Bedeutung sei, und er sei "eine Welt, ein Kultur für sich". Da diese doch gehaltvolle Aussage nicht näher ausgeführt wird, ist man der Spekulation überlassen. Der Flughafen Zürich mag eine Welt für sich sein, doch sind nicht unzählige andere Flughäfen auf der Welt ebenso eine Welt für sich? Was ist denn an jenem in Zürich so besonders eigen? Mit dem jedoch nicht genug. Man sieht sich auch der Assage gegenüber, der hiesige Flughafen sei, quasi als Steigerung der "Welt für sich", eine eigene Kultur für sich. Auch hier lässt sich nur raten, was mit der Zürcher Flughafenkultur gemeint ist.
Dieser Kommentar zur ersten Frage könnte auf ähnliche Weise für einige andere Stellen des Interviews wiederholt werden. Vielerorts liest man Aussagen zur Architektur, welche an sich zwar einen gewissen Inhalt haben, die dann jedoch nicht näher ausgeführt werden. Das Gespräch bleibt auf einem ziemlich oberflächlichen Niveau. So zum Beispiel auch bei der folgenden Passage:

"Der Circle wird riesig. Werden sich die Menschen hier wohlfühlen?
Davon bin ich überzeugt. Der Bau ist kein Ort des rationalisierten, ökonomisierten Highendbereichs, er soll auf sympathische Weise den hohen Lebensstandard und die zeitgenössische Schönheit der Schweiz zeigen."

Die Frage, ob sich die Menschen in dem Gebäude wohlfühlen werden, finde ich an sich eine wichtige und gar nicht oberflächliche Frage. Sie spricht ein zentrales Thema der Architektur an. Umso enttäuschender ist dafür die Antwort, welche nur schon nur ihre Kürze nichts sehr tiefgreifendes verheissen mag. Die Art und Weise, wie die Themen der Schweiz (hoher Lebensstandart und zeitgenössische Schönheit) durch die Architektur dargestellt werden, wird bloss als "sympatisch" bezeichnet. Dies ist relativ weit entfernt von einer architektonischen Aussage, welche zum Beispiel Aussagen zur Volumetrie und zur Raumdisposition beinhalten würden.

Ich möchte jedoch nicht zu lange beim Text verweilen und einen Aspekt beleuchten, welchen ich im Zusammenhang mit diesem Projekt interessant finde. Das Projekt erinnert einen in seiner Grösse und Vielfältigkeit an geweisse Megastruktur- Projekte der 60er- Jahre. Nachdem man in der folgenden Zeit von solch grossen Ausmassen in der Architektur etwas weggekommen ist, scheinen sie heute wieder verstärkt zum Zug zu kommen. Ich denke zum Beispiel an das Westside- Centre von Daniel Libeskind. Sie stehen bevorzugt an sehr gut erschlossenen Orten (Hier an der Autobahn das Westside- Centre bzw. bei Flughafen der Circle), und wissen die Standortgunst durch messerscharfe Kalkulation perfekt auszunutzen, und entsprechend daraus Profit zu schlagen. Natürlich trägt die Lage in der Peripherie dazu bei, dass diese Gebäude oftmals etwas abgeschlossene, "eigene Welten" sind und kaum mit der Aussenwelt kommunizieren. Der ökonomische Gehalt dieser Gebäude erscheint mir absolut vorherrschend, was wahrscheinlich auch für dieses Gebäude zutreffen wird.
Etwas polemisch könnte man nun fragen: Hat diese konsumorientierte Architektur in den kurzweiligen und massentauglichen Online- Zeitungen nun ihr Gegenstück gefunden?

Über das Spezielle im Alltäglichen ...

Ein Beitrag in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Werk" wirft eine immer wieder aktuelle, aber oft verdrängte Frage in die Runde: Wie speziell darf ein Gebäude sein, ohne die alltäglichen, für die Bewohner oftmals wichtigsten Funktionen zu vernachlässigen? Der Verfasser Kornel Ringli äussert sich dabei anhand von zwei kürzlich fertig gestellten Mehrfamilienhäuser von Buol & Zünd Architekten in Aesch (BL). Er kritisiert dabei die Tendenz, dass Architekten immer mehr ihren Selbstverwirklichungstrieb an erster Stelle setzen und die einfachen praktischen Bedürfnisse der Nutzer vernachlässigen. Eine Kritik, die durchaus nachvollziehbar ist und wohl leider mit vielen Beispielen belegbar. Der von ihm beschriebene, bescheidene Bau gilt aber als positives Beispiel: Bewährte Grundrisse (keine Raumexperimente) und viel Liebe zum Detail, was schlussendlich eindeutig dem Bewohner zu Gute kommt. Dabei fehlt es dem Bau durchaus nicht an spezielleren, ausgefeilten Raffinessen, wie beispielweise die für heutige Zeiten enorm grosse Raumhöhe (2.70), die durch weglassen eines Dachgeschosses zu Stande kommt. Die Balance zwischen Speziellem und Alltäglichem, ein Thema, das kaum an Aktualität verlieren wird...



Gero von Boehm begegnet Daniel Libeskind

Vor wenigen Minuten (08.03.2010 22:25 Uhr) kam auf 3sat die Sendung: Gero von Boehm begegnet Daniel Libeskind.

Hier eine kurze Biografie von Libeskind:

Der Architekt Daniel Libeskind wurde 1946 in Lodz in Polen geboren. Er war 11 Jahre alt als seine Eltern mit ihm zusammen nach Israel auswanderten. Schon früh fiel er als musikalisches Wunderkind auf und gab als kleiner Starpianist Konzerte. Ein Stipendium der America-Israel Cultural Foundation ermöglichte ihm einen Studienaufenthalt in New York, wohin die Familie 1960 übersiedelte. Dort studierte Libeskind zunächst Musik, später Malerei und Mathematik. Den Lebensunterhalt verdiente er sich als professioneller Musiker.

Ich weiss nicht ob jemand von euch ebenfalls diesen Filmbeitrag gesehn hat. Ich fand den Beitrag jedenfalls sehr interessant und hat mich gleich dazu angeregt darüber zu schreiben.

Natürlich wurde viel über Libeskind’s Gebäude gesprochen, Ground Zero New York, Jüdische Museum Berlin, seine kürzlich entworfene Passivhaus Villa für 2 Millionen und so weiter.

Was ich jedoch viel Spannender fand war die Unterhaltung mit Gero von Boehm in welchen Zusammenhang die Entwürfe von Libeskind mit seiner jüdischen Abstammung stehen. Ob der Verlust seiner Familie mütterlicher Seite durch die National Sozialisten besondere Emotionen mit einbringen.

Natürlich kann man seine Entwürfe auf städtebaulicher Ebene Kritisch sehen. Die Art und Weisse wie sich seine Gebäude als kräftige, Platzhirsch ähnliche Solitäre, radikal darstellen und keinerlei Rücksicht nehmen auf die Umgebung. Was mich aber immer wieder ins staunen versetzt sind die entwickelten Innenräume.

Leider kenne ich das Jüdische Museum Berlin nur aus Büchern und Publikationen muss aber sagen das mich die entworfenen Inneräume stark beeindruckten selbst im print format.

Auf die Frage was Libeskind den in seiner Freizeit tun würde? Ob er Architektur besichtigt? Antwortet Daniel Libeskind:

In der Freizeit beschäftigt ich mich lieber mit guter Literatur, denke nach, beschäftige mich mit Kunst, mit normalen alltäglichen Dingen um die Gesellschaft zu verstehen in der wir leben.

Wie man in der Biografie von Libeskind lesen kann war es keines Weg so das Libeskind direkt nach der Schule zum Architekturstudium wechselte. Er probiert aus, spielt professionell Musik und studiert Mathematik. Seine Mutter hielt nicht viel vom brotlosen Künstlerleben und überzeugte ihn als sie sagte: "Wenn du ein Architekt bist, dann bist du auch ein Künstler. Aber wenn du ein Künstler bist, kannst du nicht gleichzeitig Architekt sein."

Für Libeskind ist es wichtig das seine Gebäude eine Art Spiegel der heutigen Gesellschaft sind und sie dadurch an Akzeptanz in der Bevölkerung gewinnen.

Die Wiederholung könnt ihr am 10.03.2010 um 6:00 Uhr sehen.

Die Ehrfurcht vor dem Architekten













Als ich mich letzten Sonntag zum nahegelegenen Schulhaus begab, um meinen Abstimmungszettel in die Urne zu werfen, wurde ich von einem jungen Mann angesprochen, der Unterschriften sammelte gegen das geplante Nagelhaus am Escher-Wyss-Platz. Da ich ziemlich in Eile war und ausserdem keine wirckliche Abneigung gegen dieses Projekt hatte, ging ich weiter ohne zu unterschreiben. Erst nach einigen Schritten begann ich mich zu fragen, warum ich mir die Zeit nehme, um über Dinge wie die Frage, ob die Schweiz Tieranwälte braucht oder nicht, abzustimmen, aber mir keine grossen Gedanken darüber mache, ob die Stadt Zürich 6 Millionen Franken für ein kleines Gebäude ausgeben soll, dass nicht mehr als ein kleines Restaurant, einen Kiosk und ein WC enthält. Es ist ja nicht so, dass ich den Entwurf schlecht finde, aber finde ich ihn gut? So gut, dass es sich lohnt, ihn wircklich zu realisieren? Oder gefällt mir einfach der Gedanke, dass an diesem nicht sehr attraktiven Ort ein Gebäude von Caruso St.John entsteht? Die Idee, ein Haus aus der chinesischen Stadt Chongquing nachzubauen, dessen Foto um die Welt ging, weil sich dessen Besitzer lange weigerte, einem geplanten Einkaufszentrum zu weichen, wodurch es zuletzt alleine, mitten in einer riesigen Erdgrube stand, wäre vielleicht für einen temporär gedachten Bau ganz nett, aber irgendwann verliert das Ganze seinen Reiz. Es hat sogar ziemlich etwas ironisches, wobei Architektur ja eigentlich nie Ironie sein sollte. So habe ich auf dem Rückweg dann doch noch unterschrieben, oder warum sollten die Zürcher nicht die Möglichkeit bekommen, über dieses geplante Projekt abzustimmen? Man muss doch den Leuten zutrauen, dass sie erkennen, ob dieses Haus für die Stadt einen Mehrwert generiert oder nur die Funktion eines mini-iconic Building erfüllt.





Architektenwerbung

Direktwerbung ist in der Architektenszene immer noch tabu; auch wenn die zunehmende Existenznot der Architekten das Bedürfnis nach einer liberalisierten Werbementalität weckt. Die meisten mittelständischen Büros sind stark auf eine erfolgreiche Projektakquise angewiesen. Die Vorgehensweisen unterscheiden sich nicht sonderlich. Gute Kontakte, Publizität durch veröffentlichte Werke oder im seltensten Fall eine eigene PR-Abteilung sorgt für die notwendige Auftragsfülle. Besonderes Augenmerk sei hier jedoch auf einen Spezialfall gelegt und zwar die alljährliche Weihnachts- oder Neujahrskarte, wie wir sie alle zu Genüge von Banken, Vereinen oder sonstigen Dienstleistern erhalten. Seitdem ich mich in der ‚Architekturszene’ bewege, ist auch noch der Architektenneujahrsgruss, digital oder postalisch, hinzugekommen. Was genau will ein Architekturbüro jedoch mit dieser freundlichen Karte bezwecken? Eine inspirierende Architekturabbildung könnte potentielle Auftraggeber ansprechen und eine kreative Selbstdarstellung transportiert möglicherweise einen besonderen Tätigkeitsschwerpunkt. Vielleicht ist besagtes Medium jedoch auch nur ein altbewährtes Mittel zum Kontakte knüpfen und pflegen. In dem Fall frage ich mich allerdings, ob die abgebildete Neujahrskarte ihren Zweck nicht etwas verfehlt hat. Wenn Sie allerdings ihren Altbau dämmen wollen und auch im Umgang mit ihrer Bauinvestition über eine gute Portion Humor verfügen, dann könnte dieses Büro genau das richtige für Sie sein!




















Kiste grau – Kiste weiss- Kiste grau

Das Quartier Fluntern ist für viele Zürcher der bekannteste Teil des Zürichbergs, man assoziiert mit diesem Quartier grosszügige im Grünen gelegene Einfamilienhäuser, opulente und luxuriöse Architektur mit viel Detailliebe und grosser Vielfalt. Ist dieses Stadtbild überholt? Fährt man heute durch das Quartier, fallen dem Besucher vor allem zwei Sachen auf, zum einen wird sehr viel gebaut, zum anderen prägt eine sehr urbane Architektur das idyllische Bild des Einfamilienhauses mit Vorgarten. Die Stadt Zürich bemüht sich mit Podiumsdiskussionen (“Neubauten im alten Villenquartier” Podiumsveranstaltung v. 14. Mai 2009 Amt für Städtebau/ Grün Stadt Zürich) den besorgten Quartiersanwohner die strukturellen und architektonischen Veränderungen verständlich zu machen. Die architektonische Vielfalt des Quartiers hat v.a durch den Strukturwandel stark eingebüsst. Grundstücke wurden aus dem Familienbesitz weg gegeben, die Grundstückspekulation entscheidet vereinfacht gesagt das Programm und aus dem Einfamilienhaus wurde das Mehrfamilienhaus. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen wie Wohnzonen, Grenzabstände, maximale Ausnützung et cetera haben dazu geführt, dass viele Neubauten nichts mehr mit der ursprünglichen und damals identitätsstiftenden villenartigen Bebauungsstruktur gemein haben. So gleichen die Neubauten eher einer Anhäufung homogener lang- oder hochgezogener durch grosse quadratische Fenster perforierte Kisten, abwechselnd grau, weiss oder pastellfarbig, und durch den gesetzlich vorgeschriebenen Mindest “Grünstreifen” umrahmt. Diese Beschreibung ist eindeutig überspitzt formuliert, der Architekt würde mir mindestens zehn Details aufzeigen, welche sein Bau von anderen unterscheidet, die Vertreter der Stadt würden auf die unterschiedliche Programme der Bauten zurückgreifen und von einer Einwohnervielfalt sprechen, und die grossen Bauunternehmen würden von Wohnungsnot statt Rendite reden. Dennoch scheint es mir, dass die architektonische Vielfalt dem ökonomischen, strukturellem und in Zürich auch sehr stark dem politischen Druck nachgibt. Dabei kommen unterschiedliche Fragen auf, gibt es noch eine orts- oder quartierspezifische Architektur im Wohnungsbau oder existiert diese nur noch auf dem Papier? Wieviel Vielfalt braucht es im Wohnungsbau, wie schränken Gesetzgebung und ökonomischer Druck den architektonischen Entwurf und zuletzt ist die Kiste die Antwort darauf, dass die Architektur “zu viel will”?


eine bild von m a r k u s t r e p e s c h. Ist der titel richtig gewählt oder müsste er sowas wie "angewandte geselschaftskritik" lauten? Der gedanke, dass es architekturkritik war, finde ich ziemlich frisch, aber auch provokativ.

Architekturkritik als Film?...

...am Beispiel des Mercedes-Benz Museums in Stuttgart.

Ohne beschreibende Worte führt der Film durch das Museum, nur unterstützt durch Musik. Ähnlich wie in einer Kritik, folgt der Film den maßgebenden strukturellen Elementen. Mit Eindrücken von der äußeren Erscheinung des Gebäudes geht es vom Foyer in den Aufzug, bis zum ersten Ausstellungsraum. Es folgen Impressionen der Ausstellung, ohne chronologische Reihenfolge. In ruhigen Bildern sieht man Blickbezüge nach Außen und oft der Blick zurück in die Haupthalle, wo die Bewegung der Aufzüge verfolgt werden kann.

Die Frage ist nun, kann diese Art von Annäherung an ein Gebäude auch eine Art Kritik sein? Der Betrachter hört natürlich keine ausgesprochene Kritik, dennoch wird sein Blick gelenkt, er wird von der Musik und der Art der Kameraführung beeinflusst. Er sieht nur die Dinge, die er sehen soll. Damit wird schließlich auch ein bestimmtest Bild erzeugt. In diesem Fall scheint der Film tatsächlich nur positive Aspekte zeigen zu wollen, er will den Betrachter vielleicht einen Vorgeschmack auf den eigentlichen Besuch geben.
Der Film regt an, sich selbst eine Meinunug über das Gebäude zu bilden. Es wird sowohl der Architekturinteressierte, als auch der Architekt selbst angesprochen. Und mit der Kritik von Pieper im Hinterkopf sieht man den Film nochmals ganz anders...


www.architekturclips.de/webseiten/filme/a_acht/mercedes/mercedes.html

www.architekturclips.de/

Monday, March 8, 2010

Monte Rosa Hütte - ein technisches Produkt?





Die Internetsuche macht es deutlich: Die neue Monte Rosa Hütte ist attraktiv. Zwei Drittel der ersten achtzehn Suchresultate bilden den kraftvollen ikonischen Bau von aussen ab. Architektonische Bilder mit einer gebäudetechnischen Beschreibung. Doch sind diese Bilder tatsächlich technischer Natur? Oder sollte man es eher einer heroischen Alpinfotografie der Gebrüder Wehrli oder einer expressiven Kristallarchitektur Bruno Tauts zuordnen? Sind diese Bilder denn so schwach, dass sie einer technisch-rationalen Legitimation bedürfen? Das Verhältnis von Technik und Architektur wurde selten so verunklärt wie in den aktuellen Berichterstattungen und Laudatios zur Eröffnung des neuen Bauwerks.

Die Stiefmutter

Zugegeben, die Prämissen für eine offene Diskussion sind keine guten. Die Monte Rosa Hütte ist vielleicht das grösste transdisziplinäre Projekt der ETH Zürich. Es wird betont, dass es keinen einzelnen Autor gibt, dass das Projekt ein Resultat gemeinsamer intensiver Anstrengung ist. Es wird als Labor, ja als Experimentierfeld für neue Technologieen angepriesen. Alles Begriffe, die sich im Umfeld einer technischen Schule gut machen. Es gibt quantifizierbare Grössen: Die jährlichen Ersparnisse in der Heizenergie, die gewonnenen Kilowattstunden durch die Solarpanele oder die kurze Aufrichtzeit (die Baukosten werden elegant verschwiegen und die Systemgrenzen weitgehend frei definiert). Gegenüber messbaren und wissenschaftlich nachweisbaren Grössen haben nicht quantifizierbare Begriffe wie Ikonenhaftigkeit, Oberflächenhaptik, Wohlbefinden oder Erlebniswert einen schweren Stand. Wissenschaftler argumentieren lieber mit den Ersteren.

Technische Formgeneratoren?

Die beliebteste Legende zum bekannten Aussenbild der neuen Monte Rosa Hütte erklärt dass die Neigung des Dachs die Folge der im Süden angebrachten Solarpanele ist. Einleuchtend, denn sie passen auch gut zum technoid-glitzernden Erscheinungsbild ähnlich einer Weltraumkapsel, die soeben auf dem felsigen Untergrund einer Moräne aufgesetzt hat. Doch drei Punkte machen stutzig: Erstens, weshalb gibt es abseits des neuen Hauses noch ein weiteres Solarpanelfeld? Zweitens, weshalb dieses aufwändige Treppenbandfenster mit den daraus resultierenden drei- und fünfeckigen Panelen? Und drittens, wollen wir die ganzen Erkenntnisse der Architekturdebatte um Form und Funktion ab den Siebzigern einfach ignorieren? "Macht die Hütte doch einfach wie ihr es schön findet und setzt die Panele daneben, denn sie werden in spätestens zwanzig Jahren sowieso technisch überholt sein. Es ist dann günstiger sie zu ersetzen", würde der pragmatische Techniker sagen. Klar, die Panele können Ausgangspunkt für eine architektonische Überlegung sein, aber wird diese dann nicht ein bisschen schwach, wenn der effektiv geleistete Beitrag an jener Stelle eher unpraktisch und aufs Ganze gesehen teuer ist? Der ökologische Ausdruck als grafischer Aufdruck?

Formgenerative Technik?

Noch interessanter wird es innen: Der spartanische Aufenhaltsraum wird durch die grosse Balkenkonstruktion räumlich strukturiert. In die Balken wurden mit Hilfe des Departementes für Digitale Fabrikation die Kräftefelder in Form grafischer Linien ähnlich einer zu gross geratener Holzmaserung eingefräst. Das Sichtbarmachen des Nichtsichtbaren als eine Art Ornament ist ein schönes Gedankenspiel ähnlich der übergrossen Maserung aus Blattgold im Konzertsaal der Casa de Musica in Porto. Es ist wohl nirgens so deutlich wie hier dass sich die Technik vollkommen der gestalterischen Idee unterordnet. Es ist (leider nicht öffentlich) bekannt, dass auch andere Departemente, die sich mit digitalem Entwerfen und Präfabrikation befassen an Vorschlägen zur Konstruktion beteiligt waren. Ursprünglich hätte die Hütte vollkommen präfabrizierten Elementen zusammengesetzt werden sollen. Auch wenn man das nie an einer technischen Hochschule offiziell kommunizieren darf: Schlussendlich waren die ästhetischen Kriterien schwerwiegender. Die digitale Fabrikation wurde als künstliche Maserung "integriert".

Architektur als Kanibalismus

Man soll mich nicht falsch verstehen: Die Monte Rosa Hütte ist ein starkes Bauwerk, eine grosse technische Errungenschaft und somit ein ideales Geschenk zum hunderfünfzigjährigen Bestehen der Eidgenössischen Technischen Hochschule. Hat die Architektur aber vielleicht versagt, wenn das Laienpublikum meint dieser Glänzling (der Name hat vielmehr mit einem edlen Smaragd zu tun als mit messbaren Kilowattstunden) MÜSSE so aussehen wie er sei, weil die Technik es vorschreibe? Das die Wechselwirkungen komplexer und anders sind wird nicht öffentlich diskutiert. Alternativ könnte man die Architektur als eine der Gebäudetechnik, Statik und Bauphysik ebenbürtige, aber hierarchisch höher stehende Disziplin definieren, weil sie alles in sich vereint. Von der zitrusfruchtartigen Grundstruktur bis hin zum in die Welt transportierten Bild hat sich während der gesamten Planung nichts Wesentliches geändert. Die Architektur überdauert die anderen Disziplinen mit sich regelmässig ablösenden wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht nur bildlich, sondern auch lebenszyklisch und physisch. Sie ist das Nachhaltigste an der Monte Rosa Hütte überhaupt.

Über das Seminar "Architekturkritik"

Architekturkritik findet an der Schnittstelle von architektonischer Produktion und Öffentlichkeit statt. Sie prägt damit die Wahrnehmung und Diskussion von Architektur in der Gesellschaft entscheidend mit. Entwerfende Architektinnen und Architekten fühlen sich bisweilen durch die schreibende Zunft falsch oder gar nicht verstanden oder ganz einfach ignoriert, was zu einer weit verbreiteten Frustration oder gar Irritation führt. Von diesem Befund ausgehend, setzt sich das Seminar „Architekturkritik“ zum Ziel, den Studierenden Möglichkeiten und Grenzen der Architekturkritik zu vermitteln. Die Lehrveranstaltung umfasst die theoretische Reflexion, Diskussionen an konkreten Objekten sowie aktive Textarbeit. Vom mündlichen Diskurs über die schriftliche Rezension bis hin zum Bild als Medium der Kritik werden die Studierenden verschiedene Formen des kritischen Umgangs mit Architektur kennen und anwenden lernen. Des Weiteren soll anhand der Lektüre und Diskussion theoretischer und historischer Texte die Praxis der Architekturkritik selbst reflektiert werden. Schliesslich wollen wir auch darüber nachdenken, inwiefern Kritik als Instrument für den Entwurf nützlich gemacht werden kann.

Das Seminar gliedert sich in drei Abschnitte. In einer ersten Phase werden die theoretischen Grundlagen anhand der Lektüre und Diskussion einschlägiger Texte und von Referaten erfahrener Kritikerinnen und Kritiker erarbeitet. In einem zweiten Schritt werden Bauten vor Ort besucht, um anhand der direkten räumlichen und visuellen Erfahrung ein Begriffsinstrumentatrium für die Kritik zu entwickeln, aber auch den sprachlichen Ausdruck zu üben. Schliesslich rückt im dritten Teil das Handwerk in den Vordergrund, indem die Studierenden eigene Rezensionen verfassen, die nach Möglichkeit veröffentlicht werden sollen.

Reto Geiser und Martino Stierli

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