Sunday, April 11, 2010

Besucher No.3



Die Zusammenfassung zu Beginn: das Gebäude am Sädlenweg 16 setzt meiner Meinung nach eine gewisse „un-Spitzfindigkeit“ und Lockerheit des Kritikers voraus. Um das Gebäude schlussendlich „gut“ zu finden braucht es eine freie, offene Denkweise und die Fähigkeit, die Dinge auf ihre Essenz runterschälen zu können um so das wirklich Wichtige zu erkennen. Denn Oberflächlichkeit ist ja so was von 2009... bif baf BOF...

Das Gebäude ist das Statement einer Architektur, die keinen „high-glossy-slick“ - Anspruch hat, sondern die dafür gebaut wurde, um gebraucht, bearbeitet und verändert zu werden. Andi hat oft gesagt „ja dänn striichemers halt aa...“ dies beispielsweise, wenn er vom Alterungsprozess der Fassade oder der Fensterrahmen spricht. Ich deute das so, dass für ihn die Qualitäten des Gebäudes nicht in der Komposition der rohen Materialien und derer unmittelbaren Oberflächen liegt, sondern im Konzept des individuellen Wohnens, also der räumlichen Komposition der einzelnen Wohneinheiten.

„ui das gseht ja us wie es ufo – isch mer zu futuristisch...“ hört man vielleicht vom Grosi aus der Nachbarschaft oder von einem Kumpel, dessen architektonische Ansicht anno 2005 irgendwo in einem Stil-Lexikon eingeklemmt wurde. Aber darum geht es ja eben nicht. Beim Sädlenweg 16 handelt es sich um ein Gebäude mit (auf die Ästhetik bezogen) referenzloser Architektur. Und das ist gut so. Frei nach dem Motto: „Miroslav, es geht auch ohne...“

2 comments:

  1. Beim Gang durch Sädlenweg 16 mit FuHa wurde mir auf eine erfrischende Art bewusst gemacht, dass es auch in vielpublizierten und mit Hochglanzfotos dokumentierten Bauten schlussendlich auf die Bewohner ankommt. Wie funktioniert das Wohnen in solch einem Gebäude? Fühlen sich die Bewohner wohl? Wird es zum Zuhause? Wie funktioniert das Zuhause über längere Zeit?
    Zweifellos sind dem fertigen Bau unzählige Gedanken und Überlegungen vorausgegangen (vielleicht auch Referenzen - Cheminée - FL Wright?), die sich u.a. in den raffinierten Wohnungsverschränkungen, den inszenierten Treppenhäusern und den sorgfältigen Details zeigen. Aber zum Schluss muss das Ganze aus der Theorie in die Praxis umgesetzt werden und in der Praxis auch bestehen können. "ja dänn striichemers halt aa..." kann eine Konsequenz davon sein.

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  2. ja, wenn der architekt / das bauwerk nicht den anspruch hat DAS non-plus ultra in diesem zeitpunkt zu sein und genau so weiterbestehen muss, damit es funktioniert, sondern sich als plattform für das leben (in diesem fall die bewohner) ansieht und angriffspunkte für veränderung und aneignung bietet.

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Über das Seminar "Architekturkritik"

Architekturkritik findet an der Schnittstelle von architektonischer Produktion und Öffentlichkeit statt. Sie prägt damit die Wahrnehmung und Diskussion von Architektur in der Gesellschaft entscheidend mit. Entwerfende Architektinnen und Architekten fühlen sich bisweilen durch die schreibende Zunft falsch oder gar nicht verstanden oder ganz einfach ignoriert, was zu einer weit verbreiteten Frustration oder gar Irritation führt. Von diesem Befund ausgehend, setzt sich das Seminar „Architekturkritik“ zum Ziel, den Studierenden Möglichkeiten und Grenzen der Architekturkritik zu vermitteln. Die Lehrveranstaltung umfasst die theoretische Reflexion, Diskussionen an konkreten Objekten sowie aktive Textarbeit. Vom mündlichen Diskurs über die schriftliche Rezension bis hin zum Bild als Medium der Kritik werden die Studierenden verschiedene Formen des kritischen Umgangs mit Architektur kennen und anwenden lernen. Des Weiteren soll anhand der Lektüre und Diskussion theoretischer und historischer Texte die Praxis der Architekturkritik selbst reflektiert werden. Schliesslich wollen wir auch darüber nachdenken, inwiefern Kritik als Instrument für den Entwurf nützlich gemacht werden kann.

Das Seminar gliedert sich in drei Abschnitte. In einer ersten Phase werden die theoretischen Grundlagen anhand der Lektüre und Diskussion einschlägiger Texte und von Referaten erfahrener Kritikerinnen und Kritiker erarbeitet. In einem zweiten Schritt werden Bauten vor Ort besucht, um anhand der direkten räumlichen und visuellen Erfahrung ein Begriffsinstrumentatrium für die Kritik zu entwickeln, aber auch den sprachlichen Ausdruck zu üben. Schliesslich rückt im dritten Teil das Handwerk in den Vordergrund, indem die Studierenden eigene Rezensionen verfassen, die nach Möglichkeit veröffentlicht werden sollen.

Reto Geiser und Martino Stierli

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