Monday, April 26, 2010

«Die Architektur ist eine dauerhafte Erscheinung. Wenn sie auf kurzlebigen Moden oder auf Showeffekt basiert, wird sie widersprüchlich»

www.nzz.ch/nachrichten/kultur/kunst_architektur/bilbao_war_gestern_1.5475964.html">

Es Scheint als wäre sich die Architekturwelt einig, der Bilbaoeffekt bringt auf die Dauer herzlich wenig und sendet ein falsches Signal aus. In diesem Artikel geht es v.a um Spanien, u.a weil kein anderes Land diese Strategie so eifrig verfolgt hat. Man findet jedoch solche Beispiele in jedem Land, der sich zu den GlobalPlayers zählt.
Ich bin einverstanden, dass die grosse Wirtschaftskrise diese Bewegung leicht gebremst hat, jedoch wird trotz allgemeinem vernünftigerem Umgang mit finanziellen Mitteln, materiellen Ressourcen und Bedürfnissen und trotz der Einstimmigkeit der Architekturbranche, dass solcher „Viagrastädtebau“ eine grosse Verschwendung ist, immer noch sehr viel Attraktionsarchitektur gebaut, die nicht den normalen Gesetzen und Massstäben der Architektur und des Städtebaus folgen muss(Gehry Basel, Ordos HdM,Hadid Opera Dubai...). Weshalb?

2 comments:

  1. Was in dem Artikel nicht erwähnt wurde, ist, dass in Bilbao ein intensiv ausgearbeitetes Konzept hinter dem Museum und zahlreichen weiteren Bauten stand. Es wurde eine Gesamt-Planung für die Stadt (oder zumindest grosse Teile davon) entwickelt - und auch ein Marketing-Konzept.
    (Doch selbst das umfassende Konzept hatte sofortige negative Auswirkungen (z.B. Gentrifizierung, Verdrängung der ärmeren Bevölkerung aus dem Zentrum, Investitionen nur in bestimmten Stadtteilen).)
    Im Nachhinein ist die Entwicklung natürlich leicht zu verurteilen, da all diese Negativ-Folgen sichtbar wurden - dennoch muss man sagen, dass die Dynamik, die das Guggenheim-Museum für die Stadt erzeugt hat, beeindruckend war und daher vielfach als "Allheilmittel" für die Stadtplanung gesehen wurde. Das Problematische an dem Einsatz des Bilbao-Effekts für weitere Städte ist oft die fehlende konzeptuelle Einbindung in die sonstige Stadtplanung - ein Bau allein ohne weitere Überlegungen - wie etwa darüber ob die Nutzung wirklich sinnvoll ist (im Artikel das Bsp. der Brücke in Zaragosa) - wird eher nicht zu einem Aufschwung für eine Stadt führen.

    Interessant wäre meiner Meinung nach auch noch die Frage, wie international tätige Architekten wirklich auf eine ihnen mehr oder weniger unbekannte Situation reagieren können - oder ob sie das überhaupt sollten. Im Artikel wurde angesprochen, dass die Stararchitekten die Problematik der Effekt-Architektur einsehen, die Schuld für das Nicht-Funktionieren jedoch teilweise auf die Auftraggeber schieben. So eine Schuldzuweisung ist eher schwierig, da ja mehrere am Planungsprozess beteiligt sind und die Architekten auch eine Entscheidungskraft und Mitspracherecht in diesem Prozess haben - und daher auch Verantwortung tragen. Dennoch denke ich, ist die Thematik des Auftrags an sich wichtig - nur mit guter Architektur kann man wohl kaum etwas zum Funktionieren bringen, wenn es kulturell oder wirtschaftlich keinen Sinn ergibt. Und bei dieser Beurteilung, ob ein Bau Sinn macht an einem bestimmten Ort, muss sich ein ortsfremder Architekt auf die Erfahrung des Auftraggebers verlassen.

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  2. Kurz bevor ich das erste Mal über diesen Blog-Eintrag stolperte, hatte folgender Artikel im Tages Anzeiger Oscar Niemeyer wieder mal in mein Bewusstsein gerückt:

    http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/architektur/Stararchitekt-Niemeyer-im-Krankenhaus/story/13171334

    Anschliessend an die Blog-Lektüre fragte ich mich dann, ob Niemeyer, den man wohl als Ausnahmetalent und seiner Zeit voraus bezeichnen kann, nicht ähnlich Reaktionen bei seinen Zeitgenossen hervorrief? Ich glaube, dass das Erstellen derart solitärer Werke, welches letzen Endes sogar in der Errichtung einer ganzen Stadtneugründung mündete, seinerzeit unglaublich überheblich, kurzsichtig und kontextlos schien.

    Duzende Jahre später blicken wir zurück und sind voller Lob ob seinem Oeuvre. Ist die heutige Architektur eines Gehrys oder Calatravas und die Art und Weise wie diese eingesetzt wird kurzsichtiger, als damals bei Otto Niemeyer, oder haben die Architekturkonsumenten ein viel kritischeres Bewusstsein entwickelt?

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Über das Seminar "Architekturkritik"

Architekturkritik findet an der Schnittstelle von architektonischer Produktion und Öffentlichkeit statt. Sie prägt damit die Wahrnehmung und Diskussion von Architektur in der Gesellschaft entscheidend mit. Entwerfende Architektinnen und Architekten fühlen sich bisweilen durch die schreibende Zunft falsch oder gar nicht verstanden oder ganz einfach ignoriert, was zu einer weit verbreiteten Frustration oder gar Irritation führt. Von diesem Befund ausgehend, setzt sich das Seminar „Architekturkritik“ zum Ziel, den Studierenden Möglichkeiten und Grenzen der Architekturkritik zu vermitteln. Die Lehrveranstaltung umfasst die theoretische Reflexion, Diskussionen an konkreten Objekten sowie aktive Textarbeit. Vom mündlichen Diskurs über die schriftliche Rezension bis hin zum Bild als Medium der Kritik werden die Studierenden verschiedene Formen des kritischen Umgangs mit Architektur kennen und anwenden lernen. Des Weiteren soll anhand der Lektüre und Diskussion theoretischer und historischer Texte die Praxis der Architekturkritik selbst reflektiert werden. Schliesslich wollen wir auch darüber nachdenken, inwiefern Kritik als Instrument für den Entwurf nützlich gemacht werden kann.

Das Seminar gliedert sich in drei Abschnitte. In einer ersten Phase werden die theoretischen Grundlagen anhand der Lektüre und Diskussion einschlägiger Texte und von Referaten erfahrener Kritikerinnen und Kritiker erarbeitet. In einem zweiten Schritt werden Bauten vor Ort besucht, um anhand der direkten räumlichen und visuellen Erfahrung ein Begriffsinstrumentatrium für die Kritik zu entwickeln, aber auch den sprachlichen Ausdruck zu üben. Schliesslich rückt im dritten Teil das Handwerk in den Vordergrund, indem die Studierenden eigene Rezensionen verfassen, die nach Möglichkeit veröffentlicht werden sollen.

Reto Geiser und Martino Stierli

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