Wednesday, April 14, 2010

Wie wäre es wenn wir uns wieder auf die Suche nach Schönheit machen würden? Einer universellen Schönheit - universell wie ein Herd im Haus und ein Lächeln als Ausdruck von Freude.


Was wenn ein Ornament weder Witz noch überflüssig wäre? Wenn es schön wäre? So schön, dass jeder es versteht, es nicht hinterfragt.

Warum fragt niemand wie ich auf die Idee kam Ohrringe zu tragen? Ist es wichtiger ob diese Ohrringe schön sind, zu mir passen, dem Betrachter gefallen oder nur einer ganz bestimmten Art von Betrachter?


Gibt es eine universelle Schönheit?

Warum sehen sich alle die Ruinen in Griechenland an und die verfallenden Gebäude in Rom, warum sind das verfallende Florenz und das arrogante Paris romantische Städte? Was fasziniert an der mausgrauen Mona Lisa? Warum will niemand in Betonhochhausvorstädten leben? Warum riecht es in Unterführungen nach Urin?


Eine ganz stille Schönheit, eine unbestreitbare.


Ich denke es gibt Schönheit, die über Geschmacksache und Epoche steht, die Architekten und Nichtarchitekten, Künstler und Nichtkünstler überzeugt, die beachtet wird ohne sich neonfarbig gellend in den Weg stellen zu müssen. Die Art Schönheit, die noch schöner wird wenn man sie versteht, aber nicht verstanden werden muss um Interesse und Freude hervorzurufen. Eine Schönheit die unabhängig von Kultur, Alter und Vorlieben erkannt wird.

Form follows vielleicht function, aber zwischen zuallererst und zuallerletzt war da irgendwo Schönheit und zwischen function und form versteckt sie sich nun. Wenn wir uns vom modernistischen Korsett der Sachlichkeit befreit haben, und selbst über die pseudointellektuellen Versuche der teenagehaften Postmoderne, mit Geschichte und Konsum umzugehen, entspannt lächeln, dann können wir uns wieder auf die Suche nach Schönheit machen.

Und falls wir uns trauen sie aufzuspüren, Gefahr zu laufen sie knapp zu verfehlen, dann könnten wir uns auch wieder der Hässlichkeit widmen - Hässlichkeit die fasziniert weil sie sich nicht mit Ideen wie Wirtschaftlichkeit und Funktionalismus entschuldigt.

8 comments:

  1. Natalie! Das ist ein wunderschöner Eintrag!
    Wie oft musste ich mir an einer Kritik schon ein "weil es mir gefällt, weil ichs schön finde" verkneifen. Können wir nicht einmal einfach nur ehrlich sein. Was bringt es unseren Entwürfen im Nachhinein ein Stringenz, ein Konzept aufdrängen zu wollen. In dem Moment, in dem wir etwas zeichnen, die erste Linie ziehen, haben wir eine Entscheidung getroffen, allein und aus dem Bauch heraus. Ich fordere Schönheit als Argument!

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  2. zwei tolle kommentare.

    als kleine hilfestellung für eure nächste kritik, in der du schönheit, wie du eben schreibst, als argument forderst, wäre es interessant mal in kants "kritik der urteilskraft" zu schmökern. da schreibt er unter anderem mal über schönheit, und zwar, dass es schon subjektiven ursprungs ist, aber im gegensatz zum blossen "gefallen" anspruch auf allgemeingültigkeit hat. insofern ist schönheit auch nicht nur persönliche befindlichkeit über dich sich nicht diskutieren/argumentieren lässt.

    ich denke zusätzlich ist es auch von vorteil (falls möglich) es zu versuchen zu verstehen, warum dieses oder jenes ding nun schön sei, bzw. diesen abstrakten begriff mit beispielen/anderen terminologien etc. zu konkretisieren. dann wird der begriff schönheit auch kommunizierbarer. wenn ich z.B. argumentiere, mein entwurf sei nun funktional, und ich dann begründungen dafür angebe wie das effiziente erschliessungssystem und so weiter, so wäre es hilfeich auch ähnliches bei schönheit zu finden.

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  3. das problem mit dem begriff der schönheit ist, glaube ich, die subjektivität, die damit zwangsläufig verbunden ist. und das macht es vermutlich auch schwierig, die schönheit als "argument" anzuführen. denn die schönheit für den einen ist vielleicht nicht nachvollziehbar für den anderen. hat schönheit etwas mit geschmack zu tun?

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  4. ich muss euch zustimmen! meiner meinung nach ist es absolut legitim etwas zu machen, weil es einfach schön ist! ich mache etwas, weil es mir gefällt...doch wie anna sagt, ist das leider kein argument. es ist etwas unfassbares und absolut individuelles und kommt auch auf die tagesform des betrachters drauf an. die schönheit ist etwas flüchtiges und steht in enger verbindung mit trends und mode. schönheit ist leider einfach zu persönlich...schade!

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  5. ich glaube schönheit kann durchaus ein argument sein...schliesslich kann ein konzept doch unglaublich schlüssig und überzeugend sein aber seine umsetzung ist hässlich. allerdings ermöglicht gerade ein abstraktes konzept unterschiedlichste umsetzungen. ist also die schönheit ebenfalls untertan des konzepts oder gar produkt des zufalls? so sehr mir die idee der universellen schönheit gefällt so sehr glaube ich, dass sie abstrakt und somit unerreichbar ist. tja...der weg ist das ziel...also machen wir uns auf die suche!

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  6. Natalie,ich stimme dir da auch zu! Ich denke, im Grunde genommen geht es bei der Architektur doch immer darum, ob es "einem gefällt oder nicht". Natürlich gibt es viele Leute, welche das "es gefällt mir einfach" auf verschiedenste Weise anders ausdrücken, es begründen, es auf eine Art objektiv darzulegen. Doch schlussendlich, bei aller Objektivität, steckt in jeder Stellungnahme zu Architektur etwas perönliches, emotionales, was letztendlich auch nicht erklärbar ist.
    In diesem Punkt würde ich vielleicht auch am ehesten noch widersprechen: Du hast ja von einer universellen Schönheit geschrieben, welche von jedermann verstanden wird. Bei den Fällen welche du beschrieben hast (das verfallene Florenz..) kann das schon zutreffen, da dort auch die historische Komponente besteht, welche wohl alle Leute ähnlich anspricht. Gerade bei zeitgenössischer Architektur, denke ich, gibt es aber schon Unterschiede. Gewisse Dinge gefallen einem und gewisse nicht...

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  7. Danke für die Kommentare. Ich wollte eigentlich Schönheit in der Architektur nicht direkt als Argument darstellen weil man meiner Meinung nach zwischen Gefallen und Schönheit unterscheiden muss. Schönheit wird erkannt und muss nicht diskutiert werden. Gefallen ist subjektiv.
    Mich interessiert hier, ob es als Teil des 'Menschseins' eine inhärente Ästhetik gibt. Eine Art von ästhetischem Verständnis das sich durch die konzeptionellen Verschiebungen im Laufe der Geschichte hindurchzieht. Wie und was wir sehen und wahrnehmen basiert auf dem zeitgenössischen Verständnis der Welt - z.B. ob ein unsichtbarer und unbeweisbarer Gott hinter allem steht oder ob die Welt mehr oder weniger präzise durch Wissenschaft erklärt werden kann. Wie dieses Sehen mit dem Erlebnis eines Raumes in Bezug steht ändert sich ebenfalls mit dem Verständnis der Welt. Diese konzeptionellen Verschiebungen manifestieren sich dann im Stil einer Epoche (Gotik, Renaissance - mehr als Mode - Ausdruck einer Weltauffassung im Idealfall). Das interessante ist, dass wir immer noch manche Gebäude der Antike und der Gotik, etc. schön finden obwohl sie sehr verschieden sind und uns zum Teil fremden Weltauffassungen entsprungen sind. Was ist das gleichbleibende Element? Was ist es, dass das menschliche Schönheitsempfinden anspricht, egal wie der Mensch gerade die Welt erfasst?
    Ich glaube es hat etwas damit zu tun ob etwas 'richtig' ist, mit Glaubwürdigkeit, ob etwas sein Ziel, egal was das Ziel ist und ob dieses Ziel noch nachvollziehbar ist, überzeugend verfolgt oder erfüllt. Schönheit hat wahrscheinlich auch etwas mit der Rolle des Betrachters oder dem Bezug zum Menschen zu tun (z.B. Masstab, Proportionen).

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  8. ist es nicht paradox schönheit als thema in den diskurs zu bringen, oder bringen zu wollen, und gleichzeitig zu meinen, es müss nicht diskutiert werden? darin - entschuldigt mein erneutes schwingen der kantkäule - liegt ja das missverständnis vor: über schönheit lasse sich sinnvoll aufgrund seines anspruchs auf allgemeingültigkeit diskutieren. falls man legitimerweise anders denkt, braucht man sich über schönheit den kopf nicht mehr zerbrechen.

    ich finde es interessant wenn du von einem gleichbleibenden element sprichst, welches sich ev. durch die menschheitsgeschichte ziehe und wir als schön empfinden. um der debatte diesbezgl. ihre trockene abstraktion zu nehmen, würde ich gerne sehr boulevardesque ein kurzes erlebnis schildern: heute beim segeln rauschte eine andere segelyacht knapp an uns vorbei. nicht nur ich, sondern die ganze crew hielt inne: wunderschön war diese yacht; wie sich das segel im wind krümmte, wie es durch die wogen glitt, das hatte pathetisch formuliert etwas majestätisches. man hatte das gefühl, alles auf dem boot hätte seinen sinn und zweck- ganz nach alberti, wo nichts mehr hinzugefügt oder weggenommen werden kann, ohne die funktionstüchtigkeit dieser yacht zu minimieren. ich hab mich danach gefragt, ob es nun wirklich das design der yacht an sich war, dass mich so beeindruckte, oder die allgemeinere situation, die diese yacht gewissermaßen als harmonische einheit abschloss (die angenehme stimmung an board, das tolle wetter,etc..)? ich denke es handelt sich um letzteres, dh um ein sehr komplexes system aus verschiedenen faktoren, die vor allem, aber nicht nur im objekt selbst, also der yacht zu sehen sind.

    was könnten wir ev. daraus erkennen: wahrscheinlich ist es eine unzulässige simplifizierung schönheit detailliert nach dem baukastenprinzip kreieren zu wollen, oder auch wie du schreibst EIN gleichbleibendes element zu suchen. jede situation, jeder bauherr, jedes bauliche umfeld, jede epoche, ist singulär und erfordert eine ebensolche reaktion. dementsprechend denke ich, dass das annähern an schönheit in zwar präzisen, aber gleichzeitig auch sehr adaptierbaren begriffen zu suchen sein könnte. siehe schiller, siehe alberti, und so weiter...

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Über das Seminar "Architekturkritik"

Architekturkritik findet an der Schnittstelle von architektonischer Produktion und Öffentlichkeit statt. Sie prägt damit die Wahrnehmung und Diskussion von Architektur in der Gesellschaft entscheidend mit. Entwerfende Architektinnen und Architekten fühlen sich bisweilen durch die schreibende Zunft falsch oder gar nicht verstanden oder ganz einfach ignoriert, was zu einer weit verbreiteten Frustration oder gar Irritation führt. Von diesem Befund ausgehend, setzt sich das Seminar „Architekturkritik“ zum Ziel, den Studierenden Möglichkeiten und Grenzen der Architekturkritik zu vermitteln. Die Lehrveranstaltung umfasst die theoretische Reflexion, Diskussionen an konkreten Objekten sowie aktive Textarbeit. Vom mündlichen Diskurs über die schriftliche Rezension bis hin zum Bild als Medium der Kritik werden die Studierenden verschiedene Formen des kritischen Umgangs mit Architektur kennen und anwenden lernen. Des Weiteren soll anhand der Lektüre und Diskussion theoretischer und historischer Texte die Praxis der Architekturkritik selbst reflektiert werden. Schliesslich wollen wir auch darüber nachdenken, inwiefern Kritik als Instrument für den Entwurf nützlich gemacht werden kann.

Das Seminar gliedert sich in drei Abschnitte. In einer ersten Phase werden die theoretischen Grundlagen anhand der Lektüre und Diskussion einschlägiger Texte und von Referaten erfahrener Kritikerinnen und Kritiker erarbeitet. In einem zweiten Schritt werden Bauten vor Ort besucht, um anhand der direkten räumlichen und visuellen Erfahrung ein Begriffsinstrumentatrium für die Kritik zu entwickeln, aber auch den sprachlichen Ausdruck zu üben. Schliesslich rückt im dritten Teil das Handwerk in den Vordergrund, indem die Studierenden eigene Rezensionen verfassen, die nach Möglichkeit veröffentlicht werden sollen.

Reto Geiser und Martino Stierli

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