Monday, April 12, 2010

Zeig mir deine Stadtutopie und ich sag Dir, wer Du bist…

Als ich letztlich über diese Webseite (http://www.ecogeek.org/content/view/695/) gestolpert bin, habe ich mich gefragt was „Utopien“ in unserem Zeitalter bedeutet. Wir bewegen uns weit weg von der letzten grossen Architektur- und Stadtutopieära des letzten Jahrhunderts, in der das Credo v.a darin bestand in einem gerechten, ausgeglichenen, geordneten und gesunden Umfeld soziale Ungleichheit und weitere wirtschaftliche Misserfolge zu verhindern. Friedman, Bakema, Tafuri und Ihresgleichen gelten heute noch als Visionäre.
Die Utopie stellt einen Wunschzustand dar, der Aspekte behandelt, die scheinbar in dessen dazugehörigen Realität unlösbar sind. Schaut man sich jedoch die heutigen westlichen Architektur- und Stadtutopien an, bemerkt man sofort, dass zwischen Realität und Wunschzustand kein grosser Unterschied mehr vorhanden ist. Dies nicht zuletzt, weil die Entwicklung neuer Technologien so rasant schnell ist, dass eine Utopie nicht lange eine sein darf oder kann. Die grosse gesellschaftliche Gefahr des Okzidents ist selbstverständlich Global Warming und das „Ignorieren der Nachhaltigkeit “. Unsere Utopien existieren, wir bauen sie in Form von Prototypen. Ein Pleonasmus? So bauen wir „grüne und nachhaltige“ Wolkenkratzer, die für eine limitierte Zielgruppe erschwinglich sind oder einen Architektenzoo in der Mongolischen Wüste, dessen genauen Zweck mir noch nicht ganz klar ist, bzw. wo ich weder soziale noch ökologische Nachhaltigkeit ablesen kann.
Klar sind diese Formulierungen überspitzt und viele werden mir sagen, dass unsere kurzzeitigen Utopien grosse Wirkungen haben und dass unser grösstes Problem tatsächlich das Klima ist.
Meiner Meinung nach war der Prozess der Stadt-und Architekturutopien in der Vergangenheit von grosser Bedeutung für die Entwicklung der Architektur, so hat man dadurch die Grenzen des Entwurfes immer weiter ausreizen können. Die heutigen Utopien oder besser gesagt Prototypen, bestehen aus der neusten Technologie und atemberaubendsten Architektur, ich frage mich jedoch welcher Mehrwert davon in der „normalen“-zeitgenössischen-Architektur und in dessen jetzigen Gesellschaft zurückfliesst? Lösen unsere Utopien nur ein Problem aufs Mal?

1 comment:

  1. Das neue "werk" passt gut zu diesem Eintrag: Mit dem Thema "Nicht gebaut" widmet es sich unterschiedlichen Entwürfen', die das Glück haben ohne "Beweislast" in die Geschichte eingegangen zu sein oder von ihr aufgrund der Realtität vergessen wurden.

    In Deinem Beitrag vermischst Du die Begriffe Utopie und Prototyp respektive setzt sie, zumindest in Bezug auf heutige Architektur, gleich. Aber haben Prototypen, die auf der Anwendung neuster Technologien beruhen, allein dadurch utopischen Charakter? Nur weil vieles früher Unrealisierbare heute möglich ist und Realität werden kann, heisst das ja noch nicht zwingend, dass Utopien heute Realität sind in Form von Prototypen. Müssen Utopien nicht mehr Gehalt haben als ihre rein wörtliche Übersetzung nahelegt? Nicht dass es sie nicht gibt, dass es sie vielleicht nur technologisch bedingt zu ihrer Entstehungszeit nicht geben kann, sondern dass es sie geben könnte scheint mir entscheidend. Der Charakter einer Alternativrealität, die der Verfasser vorstellt und für erstrebenswert hält (oder als Dystopie deren Gegenteil), verbunden mit einer Vision, sei diese sozial oder politisch gedacht, und dem Versuch ihrer architektonischen Umsetzung, könnte das Utopische ausmachen. Interessant dabei finde ich, dass gebaute Visionen wie die der Moderne weitaus weniger 'Charme' haben als ungebaute von Friedman etc., was glaube ich nicht nur eine Frage der Qualität der Visionen ist, sondern vielmehr daher rührt, dass es sich 'ohne Beweislast' nun mal leichter leben lässt.

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Über das Seminar "Architekturkritik"

Architekturkritik findet an der Schnittstelle von architektonischer Produktion und Öffentlichkeit statt. Sie prägt damit die Wahrnehmung und Diskussion von Architektur in der Gesellschaft entscheidend mit. Entwerfende Architektinnen und Architekten fühlen sich bisweilen durch die schreibende Zunft falsch oder gar nicht verstanden oder ganz einfach ignoriert, was zu einer weit verbreiteten Frustration oder gar Irritation führt. Von diesem Befund ausgehend, setzt sich das Seminar „Architekturkritik“ zum Ziel, den Studierenden Möglichkeiten und Grenzen der Architekturkritik zu vermitteln. Die Lehrveranstaltung umfasst die theoretische Reflexion, Diskussionen an konkreten Objekten sowie aktive Textarbeit. Vom mündlichen Diskurs über die schriftliche Rezension bis hin zum Bild als Medium der Kritik werden die Studierenden verschiedene Formen des kritischen Umgangs mit Architektur kennen und anwenden lernen. Des Weiteren soll anhand der Lektüre und Diskussion theoretischer und historischer Texte die Praxis der Architekturkritik selbst reflektiert werden. Schliesslich wollen wir auch darüber nachdenken, inwiefern Kritik als Instrument für den Entwurf nützlich gemacht werden kann.

Das Seminar gliedert sich in drei Abschnitte. In einer ersten Phase werden die theoretischen Grundlagen anhand der Lektüre und Diskussion einschlägiger Texte und von Referaten erfahrener Kritikerinnen und Kritiker erarbeitet. In einem zweiten Schritt werden Bauten vor Ort besucht, um anhand der direkten räumlichen und visuellen Erfahrung ein Begriffsinstrumentatrium für die Kritik zu entwickeln, aber auch den sprachlichen Ausdruck zu üben. Schliesslich rückt im dritten Teil das Handwerk in den Vordergrund, indem die Studierenden eigene Rezensionen verfassen, die nach Möglichkeit veröffentlicht werden sollen.

Reto Geiser und Martino Stierli

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