Saturday, March 13, 2010

In vino veritas.

schlaflos.

Meine geliebte Architektur, du machst mich schlaflos.
Du erlaubst es dir, alle nur erdenklichen Themen des menschlichen Daseins in einem so grässlichen, durch deinen Gestank zum Erbrechen führenden Eimer voller Eindrücke, purer Gegensätze, jugendlichem Glauben an das Berühren der menschlichen "achso" Wahrheit und ebenso grausamer Realität über mich zu schütten - in der Meinung, ich könnte zu jeder Stunde dieser Überforderung mit Leidenschaft gegenübertreten.

Ha! Da hast du dich, wie du es bei allem Respekt gelegentlich tust, getäuscht. So wie du hin und wieder deiner wesenhaften Herrlichkeit mit derart verlogenem Selbstvertrauen gegenübertrittst, welches so falsch ist, dass es nur als erbärmliches Abbild deines eigenen Machers gedeutet werden kann; so wie du dich zuweilen mit gesuchter, ja völlig an den Haaren herbeigezogener Einfachheit brüstend an einer Strasse zeigst, weil du das Demütige im eben gelernten Wort Bescheidenheit als Attribut gleichermassen einbeziehen willst; wie du dir auf unserem Berg schon dutzdendfach ein wahrhaftig gewagtes Kleid übergestreift hast, sei es dasjenige eines übermütigen Wahnsinnigen oder eines in erzwungener Schlichtheit, das nur leider, so oder so, zu dir nicht passte.
Meine geliebte Architektur, just machst du mich schlaflos.
So schütte ich heute einen Eimer des edlen purpurnen Getränkes in mich selbst, damit ich dich dann morgen wieder lieben kann.

No comments:

Post a Comment

Über das Seminar "Architekturkritik"

Architekturkritik findet an der Schnittstelle von architektonischer Produktion und Öffentlichkeit statt. Sie prägt damit die Wahrnehmung und Diskussion von Architektur in der Gesellschaft entscheidend mit. Entwerfende Architektinnen und Architekten fühlen sich bisweilen durch die schreibende Zunft falsch oder gar nicht verstanden oder ganz einfach ignoriert, was zu einer weit verbreiteten Frustration oder gar Irritation führt. Von diesem Befund ausgehend, setzt sich das Seminar „Architekturkritik“ zum Ziel, den Studierenden Möglichkeiten und Grenzen der Architekturkritik zu vermitteln. Die Lehrveranstaltung umfasst die theoretische Reflexion, Diskussionen an konkreten Objekten sowie aktive Textarbeit. Vom mündlichen Diskurs über die schriftliche Rezension bis hin zum Bild als Medium der Kritik werden die Studierenden verschiedene Formen des kritischen Umgangs mit Architektur kennen und anwenden lernen. Des Weiteren soll anhand der Lektüre und Diskussion theoretischer und historischer Texte die Praxis der Architekturkritik selbst reflektiert werden. Schliesslich wollen wir auch darüber nachdenken, inwiefern Kritik als Instrument für den Entwurf nützlich gemacht werden kann.

Das Seminar gliedert sich in drei Abschnitte. In einer ersten Phase werden die theoretischen Grundlagen anhand der Lektüre und Diskussion einschlägiger Texte und von Referaten erfahrener Kritikerinnen und Kritiker erarbeitet. In einem zweiten Schritt werden Bauten vor Ort besucht, um anhand der direkten räumlichen und visuellen Erfahrung ein Begriffsinstrumentatrium für die Kritik zu entwickeln, aber auch den sprachlichen Ausdruck zu üben. Schliesslich rückt im dritten Teil das Handwerk in den Vordergrund, indem die Studierenden eigene Rezensionen verfassen, die nach Möglichkeit veröffentlicht werden sollen.

Reto Geiser und Martino Stierli

Followers

Blog Archive