Tuesday, March 16, 2010

Bunker oder Kleinod?

„Unsere Arbeit basiert auf dem Verständnis von Architektur als etwas Objekthaften“ steht im Profil der Internetpräsenz des Berliner Büros AFF Architekten. Einmal mehr erfährt diese These ihre Bestätigung in der kürzlich erfolgten Fertigstellung der Schutzhütte am Fichtelberg.

Im Erzgebirge gelegen substituiert bzw. erweitert der elegante Sichtbetonkörper einen Holzbungalow, welcher seit 1971 Wanderern Schutz gab. In den letzten 15 Jahren sich selbst überlassen, verfiel die Hütte zusehends, um schließlich bei einer Auktion in den Besitz der Architekten überzugehen.

Zur Straße hin wirkt der Betonkörper schwer und geschlossen und zeigt der Zivilisation damit die kalte Schulter. Zum Wald hin öffnet er sich großzügig um eine enge Bindung mit der Natur einzugehen. Ablesbar wird der von den Architekten formulierte Wunsch nach der „Rückkehr zum Elementaren“.

Da ein Neubau baurechtlich nicht zulässig war, wurde die alte Hütte kurzum als Schalung für die Innenwände verwendet. Sie lebt damit im Neuen fort und reliefiert die Innenräume.

Genutzt wird die Hütte fortan als kleines Atelier. Sie kann aber weiterhin bis zu sechs Leuten eine Unterkunft bieten und wird von AFF Architekten zu diesem Zwecke auch vermietet.

Um einer Diskussion - dem verständlichen Wunsch von Philippe folgend - eine Basis zu bieten, darf bei aller Ästhetik dieses Projektes wohl die Frage aufgeworfen werden, ob der skulpturale Betonkörper am Rand des Fichtenwaldes die richtige Antwort auf den Ort ist und (anknüpfend an vorherige Beiträge) vom Laien verstanden werden kann.

3 comments:

  1. Ich glaube nicht, dass die neue "Schutzhütte" vom Laien, der hier ja wohl meist ein naturverbundener Wanderer ist, verstanden wird.
    Für diesen ist es wohl wirklich nur ein Bunker. Wobei ein Bunker ja auch Schutz vor etwas bietet und daher ja in seinen Eigenschaften eng mit einer Schutzhütte verwandt ist. Aber muss der Schutz vor der Natur wirklich einen ähnlichen architektonischen Ausdruck haben wie der Schutz vor einem Bombenangriff?
    Wie bei dem Beispiel vom Byxbee Park, wird auch hier stark mit den Mitteln der Fotografie gearbeitet. In die verschneite, etwas neblige Winterlandschaft passt der Baukörper gut hinein. Aber was passiert wenn der Sommer kommt und alles von Grün nur so strotzt?

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  2. Muss diese "Hütte" denn vom Laien verstanden werden? Diese Architektur lebt doch von einer gewissen Mystik... Mir gefällt die Hütte sehr gut.

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  3. Zwei Fragen...:

    Was bedeutet "Rückkehr zum Elementaren"? Vermutlich ist die Wahl des Standortes für die Entstehung dieser Behauptung viel elementarer als das Gebäude selbst. Aber in sich meiner Meinung nach eine sehr interessante Thematik...

    Das alte Gebäude als Schalung zu benutzen ist - Gesetze hin oder her - eine Entscheidung, die zu einer Perversion sondergleichen führt: Ein mitteilungs- und qualitätsloser Formalismus, eine Geschichte ohne Inhalt. Aber damit wird die zweite interessante Frage aufgeworfen: In wieweit ist die heutige Architektur (gerade im Gegensatz zur klassischen Moderne) noch als Kontinuum der Vergangenheit zu denken und zu lösen?

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Über das Seminar "Architekturkritik"

Architekturkritik findet an der Schnittstelle von architektonischer Produktion und Öffentlichkeit statt. Sie prägt damit die Wahrnehmung und Diskussion von Architektur in der Gesellschaft entscheidend mit. Entwerfende Architektinnen und Architekten fühlen sich bisweilen durch die schreibende Zunft falsch oder gar nicht verstanden oder ganz einfach ignoriert, was zu einer weit verbreiteten Frustration oder gar Irritation führt. Von diesem Befund ausgehend, setzt sich das Seminar „Architekturkritik“ zum Ziel, den Studierenden Möglichkeiten und Grenzen der Architekturkritik zu vermitteln. Die Lehrveranstaltung umfasst die theoretische Reflexion, Diskussionen an konkreten Objekten sowie aktive Textarbeit. Vom mündlichen Diskurs über die schriftliche Rezension bis hin zum Bild als Medium der Kritik werden die Studierenden verschiedene Formen des kritischen Umgangs mit Architektur kennen und anwenden lernen. Des Weiteren soll anhand der Lektüre und Diskussion theoretischer und historischer Texte die Praxis der Architekturkritik selbst reflektiert werden. Schliesslich wollen wir auch darüber nachdenken, inwiefern Kritik als Instrument für den Entwurf nützlich gemacht werden kann.

Das Seminar gliedert sich in drei Abschnitte. In einer ersten Phase werden die theoretischen Grundlagen anhand der Lektüre und Diskussion einschlägiger Texte und von Referaten erfahrener Kritikerinnen und Kritiker erarbeitet. In einem zweiten Schritt werden Bauten vor Ort besucht, um anhand der direkten räumlichen und visuellen Erfahrung ein Begriffsinstrumentatrium für die Kritik zu entwickeln, aber auch den sprachlichen Ausdruck zu üben. Schliesslich rückt im dritten Teil das Handwerk in den Vordergrund, indem die Studierenden eigene Rezensionen verfassen, die nach Möglichkeit veröffentlicht werden sollen.

Reto Geiser und Martino Stierli

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