Thursday, March 18, 2010

Die Neustadt am Stadtrand lebt (?)

Bild vs. Text

So titelt die NZZ Print- und Onlineausgabe am Dienstag, 16. März und nimmt dabei Bezug auf die grossmassstäbliche Überbauung Glattpark in Opfikon. Auf einer gewaltigen Parzelle entsteht hier entlang eines hunderte von Metern langen Kunstsees Wohnraum für 7000 Menschen. Die erste von insgesamt drei bauetappen steht kurz vor der Vollendung.

Wenn ein Projekt dieser Grössenordnung angegangen wird, liegt das Zauberwort Durchmischung auf der Hand, wird aber nicht derart konsequent umgesetzt, wie man es sich wünschen würde. Dennoch scheint der Autor des Artikels dem ganzen Unterfangen gegenüber wohlgesinnt zu sein und verbreitet einen eigenartigen Optimismus, über den ich persönlich mehrmals gestolpert bin.

Von Euphorie ist die Rede, von Internationalen Unternehmen, welche ihre Hauptsitze an den Glattpark verlegen werden, von einem See mit Promenade, umgeben von bepflanzten Aussenräumen, aber auch von Häuserschluchten. Ein ständiges Oszillieren zwischen jenen Gegensätzen, welche per Definition Urbanität beschreiben und somit auf das vorherrschende städtebauliche Ideal verweisen. Nicht zu vergessen: Man hat sogar eine eigene Postleitzahl ... aber zum Glück nicht zu viele Ausländern. So richtig urban will man dann doch nicht sein.

Wieder und wieder schweift mein Blick beim Lesen des Artikels über das Bild welches ihn illustriert. Im Anschluss an jeden gelesenen Abschnitt suche ich darin nach einer Bestätigung dessen, was mir der Autor mitzuteilen versucht ... und werde nicht fündig.

Das Bild ist stärker als der Text, es hat mich schon vor Beginn meiner Lektüre auf einen bestimmten Kurs gebracht und in mir jene Sterotype geweckt, die ich mit tristen mittelländischen Vorstadtsiedlungen verbinde. Und diese obsiegen gegenüber dem geschriebenen Wort.

Wie so oft siegt das Bild und ich fühle mich dabei ertappt.

Link zum Artikel: http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/glattpark_opfikon_1.5224595.html

1 comment:

  1. Lieber Harry,

    du brauchst dich nicht ertappt fühlen, denn in diesem Falle entspricht das Bild leider der Realität...
    Die Utopie eines städtischen Momentes mitten im nirgendwo sind in Opfikon gestorben.
    Manchmal versuchen Texte Dinge schön zu reden, vielleicht wäre es in diesem Falle besser gewesen, das Bild weg zu lassen.

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Über das Seminar "Architekturkritik"

Architekturkritik findet an der Schnittstelle von architektonischer Produktion und Öffentlichkeit statt. Sie prägt damit die Wahrnehmung und Diskussion von Architektur in der Gesellschaft entscheidend mit. Entwerfende Architektinnen und Architekten fühlen sich bisweilen durch die schreibende Zunft falsch oder gar nicht verstanden oder ganz einfach ignoriert, was zu einer weit verbreiteten Frustration oder gar Irritation führt. Von diesem Befund ausgehend, setzt sich das Seminar „Architekturkritik“ zum Ziel, den Studierenden Möglichkeiten und Grenzen der Architekturkritik zu vermitteln. Die Lehrveranstaltung umfasst die theoretische Reflexion, Diskussionen an konkreten Objekten sowie aktive Textarbeit. Vom mündlichen Diskurs über die schriftliche Rezension bis hin zum Bild als Medium der Kritik werden die Studierenden verschiedene Formen des kritischen Umgangs mit Architektur kennen und anwenden lernen. Des Weiteren soll anhand der Lektüre und Diskussion theoretischer und historischer Texte die Praxis der Architekturkritik selbst reflektiert werden. Schliesslich wollen wir auch darüber nachdenken, inwiefern Kritik als Instrument für den Entwurf nützlich gemacht werden kann.

Das Seminar gliedert sich in drei Abschnitte. In einer ersten Phase werden die theoretischen Grundlagen anhand der Lektüre und Diskussion einschlägiger Texte und von Referaten erfahrener Kritikerinnen und Kritiker erarbeitet. In einem zweiten Schritt werden Bauten vor Ort besucht, um anhand der direkten räumlichen und visuellen Erfahrung ein Begriffsinstrumentatrium für die Kritik zu entwickeln, aber auch den sprachlichen Ausdruck zu üben. Schliesslich rückt im dritten Teil das Handwerk in den Vordergrund, indem die Studierenden eigene Rezensionen verfassen, die nach Möglichkeit veröffentlicht werden sollen.

Reto Geiser und Martino Stierli

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