Tuesday, March 16, 2010

Über die Wichtigkeit von Bildern in der Architekturkritik

Bild: Mela Jovanovic, HS 09, Prof. Mateo

Über die Wichtigkeit von Bildern in der Architekturkritik


A: „Wo machst du dieses Semester den Entwurf?“

B: „Bei Sik.“

A: „Der schaut doch immer nur auf die Bilder, oder?“

Bilder sind ein Hilfsmittel, primär um Ideen und Stimmungen zu kommunizieren. Wie der Dialog oben zeigt, will man aber nicht, dass der Entwurf auf die Bilder reduziert wird – wieso eigentlich? Offenbar ist man der Meinung, dass man mit Plänen und Diagrammen vielmehr aussagen kann als mit Bildern...ist das auch so? Zumindest stellt sich diese Frage bei Projekten wie sie während dem Studium verfasst werden.

Zudem, bei Kritiken...der Blick geht natürlich zuerst zu den Bildern und es sind auch vorwiegend die Bilder und deren Aussage die diskutiert werden. Pläne werden zur Klärung von Dimensionen und räumlichen Verhältnissen zugezogen oder um Vermutungen die aufgrund des Bildes auftauchen zu überprüfen.

„ein Bild sagt mehr als tausend Worte“

Wie würde wohl eine Kritik ohne Bilder ablaufen? Schliesslich sind es doch gerade diese, die einen solch schnellen Einstieg in ein Projekt überhaupt erst ermöglichen.

Wieso also diese Skepsis dem Bild gegenüber? Wieso nicht eine Architekturkritik in Bildform?

7 comments:

  1. Ich stimme voll und ganz zu, dass Bilder den Einstieg in ein Projekt vereinfachen, Stimmungen wecken, die ein Plan nicht zu vermitteln vermag. Kurzum als Aufhänger sind sie das ideale Medium.
    In unserem digitalen Zeitalter sind der individuellen Umsetzung ausserdem keine Grenzen gesetzt.
    Wie oft haben wir in einem Bild schon etwas vertuscht, was unseren Plänen ein Dorn im Auge war, wie oft haben wir etwas schön gemogelt und gehofft dass die Fehler auf den Plänen keinem auffallen und wie oft sind wir mit unserer Schummelei unversehrt davon gekommen?
    Das fertige Bild ist ein Erfolgserlebnis, eine Stütze für unsere Vorstellungskraft und Verkaufsargument zugleich. Wie ich finde aus einer vollständigen Abgabe auch nicht wegzudenken. Dennoch glaube ich dass durch dieses doch eher neue Medium die Pläne an Aufmerksamkeit verlieren, obwohl sie doch unser primäres Kommunikationsmittel sind. Wichtig ist, dass beiden Medien die gleiche Sorgfalt geschenkt wird.

    Bilder blenden und Pläne lügen nicht!

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  2. Ich muss ML im letzten Absatz zustimmen!
    Klar sind gute Fotos eine wunderbare Stütze, bringen das Thema Material, Empfindungen, Licht und so weiter mit ins Spiel. Aber ein guter, ein wirklich guter gezeichneter Plan ist was wunderbares!
    Schaut man sich nur einmal die Schnittzeichnungen von zum Beispiel Aldo Rossi an oder Isometrien von Frank Lloyd Wright dann finde ich sagen diese 10mal mehr aus als so manches Bild.
    Zeichnungen sind um einiges Komplexer, somit braucht es länger bis sich im Kopf ein Bild generiert.
    Pläne in unserer Situation, das heißt bei den Kritiken die zumeist nicht länger als 10 Min. gehen, natürlich nur schwer einsetzbar. Bilder hingegen vermitteln schneller und für jeden eindeutige Informationen.
    Ich finde richtig gute Pläne oder Zeichnungen herzustellen braucht enorm viel Zeit und sehr gute Kenntnis von Plangrafik. Ansonsten werden es Pläne die erst auf den zweiten Blick nach dem Bild angeschaut werden.
    Der Plan als Informationsträger denke ich, ist das wichtigste Medium des Architekten mit dem er kommuniziert und ist deshalb aus einer Kritik nicht weg zudenken.

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  3. Bilder sind sehr gut geeignet um Ideen und Stimmungen zu vermitteln. Oft sind sie ausschlaggebend für erste Sympathien oder Antipathien gegenüber einem Entwurf. Um einen Plan richtig zu lesen und zu verstehen ist eine gewisse Konzentration - ein geistiger Aufwand - nötig. Ausserdem soll das Lesen von Grundrissen und Schnitten geübt sein. Ein Bild dagegen kann man ohne grosse geistige Anstrengung ansehen, man kann es geniessen. Oft sind es auch die Bilder, welche auf die Schnelle Inspirationen auslösen. Für eine seriöse Kritik ist das lesen von Plänen jedoch sehr wichtig. Ein Bild kann zwar eine gewollte Stimmung übermitteln, es wird jedoch immer nur ein bestimmter, meistens idealisierter Ausschnitt gezeigt. Wichtiger als Pläne und Bilder scheinen mir Modelle. Nur in diesem Medium kann auch die dritte Dimension eines Raumes unverfälscht wahrgenommen werden. Ausserdem wird Architektur immer aus einer Bewegung wahrgenommen, womit ein einzelnes Bild nicht dienen kann. Meiner Meinung nach ist es das Zusammenspiel mehrer Medien, welche einen Entwurf schnell lesbar und verständlich machen.

    Was denkt Ihr über einen schriftlichen Beschrieb? Kann ein Projekt nicht auch in reiner Textform dargestellt werden?

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  4. Wie in der vorangegangenen Diskussion schon deutlich geworden ist, kann ein Architekturentwurf selten auf ein einziges Medium beschränkt werden. Dementsprechend gehört die Textform definitiv auch dazu. Ich habe einmal eine Architektur-Diplomarbeit in Buchform gesehen. Spannend war diese allemal, dass es sich allerdings noch um einen architektonischen Entwurf gehandelt hat, mag ich bezweifeln.

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  5. Zu recht ist auf den unterschiedlichen Gehalt der unterschiedlichen Darstellungsmittel hingewiesen worden. Sie sind eine (skripturale) Technik mit ihren Vor- und Nachteilen. Die Frage, die sich somit stellt, ist weniger ob Schrift, Bild oder Plan besser ist, sondern was damit vermittelt werden kann.

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  6. Da ich gerade bei Sik Entwurf mache, fühle ich mich hier natürlich angesprochen. Ich stimme mit meinen Vor- schreibern überein, dass die Bilder schlussendlich sehr wichtig sind; vor allem auch Lukas' Hinweis auf die Modelle finde ich sehr wichtig.
    Darüber hinaus möchte ich mich gerne noch zur Frage der Genauigkeit der Pläne im gegensatz zur Schärfe bzw. der Unschärfe eines Bildes äussern. Die Vorstellung eines Entwurfs, eine Idee, betrifft ja meistens nur einen Teil eines Gebäudes, oder vielleicht einen visuellen Eindruck. Sie ist mehr ein unbestimmtes etwas, als eine exakte Vorstellung vom ganzen Gebäude. Deshalb lassen sich verschiedene Ideen ja auch zu einem ganzen kombinieren, was schliesslich ein vielchichter Entwurf entstehen lässt. Sie lassen sich immer ein wenig verändern, ohne dabei im Kern eine andere Idee zu werden.
    Wenn man eine solche Idee grafisch darstellen möchte, steht man oft vor der Frage: Möchte ich diese Veränderbarkeit, diese gewisse Dynamik der noch "frischen" Idee beibehalten, oder mächte daraus bereits eine exakte Architektur herstellen? Also eine Übersetzung in die harte Realität, die keine Zweideutigkeiten zulässt?
    Zwischen diesen beiden Polen erachte ich Bilder, und vor allem auch Modelle, als wichtige Hilfsmittel. Ich persönlich habe dabei etwas Mühe mit übergenauen (Computer-) Bildern und Modellen, da sie etwas von dieser Dynamik vermissen lassen, und keine unterschiedlichen Interpretationen mehr zulassen. Dies natürlich vor allem in den frühen Entwurfsphasen.

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  7. Das einleitende Bild für den Eintrag ist, finde ich, ganz interessant. Es zeigt, dass man eben auch mit dem Bild einen gewissen Abstraktionsgrad herstellen kann, und nicht über jedes Detail eine Aussage treffen muss. Das Bild wird so nur eingesetzt, um eine gewisse Atmosphäre zu vermitteln, was vermutlich einfacher bzw. schneller verständlich darstellbar ist als im Plan oder Modell.
    Der Einsatz des Bilds als Entwurfswerkzeug kann sich im Laufe des Entwurf-Prozesses ja auch mitverändern – ähnlich wie die Entwicklung vom Konzept- zum (vermutlich) viel detaillierterem Abgabemodell.
    Je mehr Darstellungsmittel verwendet werden (Text, persönliche Präsentation, Bilder, Pläne, Modell), desto mehr können auch die verschiedenen Überlegungen vermittelt werden. Im Studium hängt die Wahl der Darstellung natürlich oft von der jeweiligen Professur ab, aber prinzipiell muss man sich sicher immer fragen, wer das Zielpublikum ist und was ihm entsprechend die am besten verständliche Darstellungsform ist.

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Über das Seminar "Architekturkritik"

Architekturkritik findet an der Schnittstelle von architektonischer Produktion und Öffentlichkeit statt. Sie prägt damit die Wahrnehmung und Diskussion von Architektur in der Gesellschaft entscheidend mit. Entwerfende Architektinnen und Architekten fühlen sich bisweilen durch die schreibende Zunft falsch oder gar nicht verstanden oder ganz einfach ignoriert, was zu einer weit verbreiteten Frustration oder gar Irritation führt. Von diesem Befund ausgehend, setzt sich das Seminar „Architekturkritik“ zum Ziel, den Studierenden Möglichkeiten und Grenzen der Architekturkritik zu vermitteln. Die Lehrveranstaltung umfasst die theoretische Reflexion, Diskussionen an konkreten Objekten sowie aktive Textarbeit. Vom mündlichen Diskurs über die schriftliche Rezension bis hin zum Bild als Medium der Kritik werden die Studierenden verschiedene Formen des kritischen Umgangs mit Architektur kennen und anwenden lernen. Des Weiteren soll anhand der Lektüre und Diskussion theoretischer und historischer Texte die Praxis der Architekturkritik selbst reflektiert werden. Schliesslich wollen wir auch darüber nachdenken, inwiefern Kritik als Instrument für den Entwurf nützlich gemacht werden kann.

Das Seminar gliedert sich in drei Abschnitte. In einer ersten Phase werden die theoretischen Grundlagen anhand der Lektüre und Diskussion einschlägiger Texte und von Referaten erfahrener Kritikerinnen und Kritiker erarbeitet. In einem zweiten Schritt werden Bauten vor Ort besucht, um anhand der direkten räumlichen und visuellen Erfahrung ein Begriffsinstrumentatrium für die Kritik zu entwickeln, aber auch den sprachlichen Ausdruck zu üben. Schliesslich rückt im dritten Teil das Handwerk in den Vordergrund, indem die Studierenden eigene Rezensionen verfassen, die nach Möglichkeit veröffentlicht werden sollen.

Reto Geiser und Martino Stierli

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